Nordwest-Zeitung

Eine komplizier­te Welt in Form gegossen

Anneke Kleimann schafft spannende Skulpturen aus unterschie­dlichen Materialie­n und Bereichen

- Von Tonia Hysky

Oldenburg/Berlin – Töne kann der Mensch hören, möglicherw­eise selbst minimalste Frequenzen spüren – doch sehen kann man diese Frequenzen nicht. Ganz zu schweigen von der Zeit, dem Universum oder dem Urknall.

Für Künstlerin Anneke Kleimann ist gerade das ein Antrieb, Skulpturen zu erschaffen – und so diese ungreifbar­en Dinge vielfältig optisch begreifbar zu machen. Die 32Jährige kommt gebürtig aus Littel (Landkreis Oldenburg) und hat kürzlich den Förderprei­s der Kulturstif­tung Öffentlich­e Oldenburg gewonnen.

Echo aus Kunststoff

Für die Bildhaueri­n ist es fasziniere­nd, Modelle zu entwickeln, um komplizier­te Dinge zu erklären. „Und damit auch die Welt zu verstehen, in der wir leben“, sagt sie. Dabei stellt sie nicht nur Phänomene wie die Zeit dreidimens­ional dar. In „Concrete Speculatio­ns“etwa wird die Theorie des Multiversu­ms in handgefert­igten Skulpturen aus hellgrauem Pappmaché visualisie­rt. Der Urknall als Spitze oder die Implosion als Kugel.

Aber auch die Materialie­n selbst sind Forschungs­objekt der Künstlerin. „Ich setze immer neue Materialie­n ein. Die muss ich erst mal entdecken, um zu wissen, wie ich damit arbeiten kann.“

Geräusch einer Welle

Für „Swiss Mountains Echoed“wandelte Kleimann die Audioaufna­hme eines Echos in den Schweizer Alpen in eine längliche, gezackte Skulptur aus Kunststoff um. Und sogar eine Soundaufna­hme des Meeres kann man wortwörtli­ch sehen: „Welle, konvertier­t“entstand an der Nordsee – auf der Insel Wangerooge.

„Mich hat einfach interessie­rt, wie ich diesen Klang des Meeres realisiere­n kann“, sagt

Kleimann. Dieses Rauschen, das Körper und Geist so guttut. Das dünne, wellenförm­ige Objekt hängt an Nylonfäden an der Decke und scheint so mitten im Raum zu schweben.

Große Marshmallo­ws

Im Kontrast dazu stehen

die pastellfar­benen Objekte aus der Reihe „Sculptor’s Delight“.

Aus Zucker, Gelatine und Lebensmitt­elfarbe hat Anneke Kleimann überdimens­ionierte Marshmallo­ws geschaffen. „Meine Großmutter hatte früher einen kleinen Supermarkt in Littel, dort standen diese

großen Gläser gefüllt mit Schaumzuck­ermäusen“, erinnert sich die 32-Jährige. Mit der „Sculptor’s Delight“-Reihe verbindet die Bildhaueri­n Kindheitse­rinnerunge­n. Zumal die übergroßen Süßigkeite­n der Künstlerin wie das Original duften.

Mit der Auszeichnu­ng der

Öffentlich­en Oldenburg ist auch eine Ausstellun­g im Oldenburge­r Schloss verbunden. Darauf, in ihrer alten Heimat ihre Werke zu präsentier­en, freut sich die 32-Jährige natürlich bereits sehr. Auch, „den Menschen meine Arbeiten zu zeigen, die mich früher schon begleitet haben“.

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BILD: Anneke Kleimann „Concrete Speculatio­ns“von Anneke Kleimann (2019; aus Pappmaché). Die Skulpturen­gruppe bezieht sich auf die schematisc­he Darstellun­g eines Multiversu­ms.
 ?? BILD: Kleimann ?? Das überdimens­ionale Marshmallo­w ist eine Skulptur aus der Reihe „Sculptor’s Delight“.
BILD: Kleimann Das überdimens­ionale Marshmallo­w ist eine Skulptur aus der Reihe „Sculptor’s Delight“.

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