Darf Hollywood vom Schmerz anderer profitieren?
Neuseeland stemmt sich gegen „They are us“über die Anschläge von Christchurch
Christchurch/Los Angeles – Hollywood hat sich bekanntlich noch nie gescheut, menschliche Dramen, Morde und Naturkatastrophen zeitnah als Blockbuster in die Kinos zu bringen. Das sorgt bei denen, deren Geschichte erzählt wird, nicht immer für Freudensprünge. Dass sich jedoch ein halbes Land gegen ein Filmprojekt stemmt, kommt selten vor.
Aufruhr im Pazifikstaat
Seit vergangene Woche bekannt wurde, dass die Terroranschläge auf zwei Moscheen im neuseeländischen Christchurch vom März 2019 in ein Polit-Drama verwandelt werden, herrscht im Pazifikstaat Aufruhr.
Bei dem minutiös geplanten Massaker eines Rechtsextremisten aus Australien, das der Täter per Helmkamera ins Internet übertrug, waren 51 Menschen gestorben und 50 weitere teils lebensgefährlich verletzt worden. Das Verbrechen gilt als das verhee
rendste in der jüngeren Geschichte Neuseelands.
„They are us“soll nun der Film dazu heißen. Der neuseeländische Drehbuchautor und Regisseur Andrew Niccol („Lord of War“; „Anon“) will darin nach eigenen Angaben die Reaktion auf die Anschläge in den Mittelpunkt stellen. „Es geht nicht so sehr um das Attentat an sich, sondern darum, wie ein beispielloser Akt von Hass mit einer Welle von Liebe und Unterstützung überwunden wurde.“Die australische Schauspielerin Rose Byrne („Brautalarm“) soll die Hauptrolle spielen und Neuseelands Regierungschefin Jacinda Ardern verkörpern.
„Nicht involviert“
Ardern hatte sich damals als Krisenmanagerin bewährt und international viel Lob für ihr mitfühlendes Verhalten bekommen. Die 40-Jährige ging in den Tagen nach dem Blutbad, als das ganze Land unter Schock stand, immer wieder auf die etwa 60 000 Muslime im Land zu und prägte den titelgebenden Satz
„They are us“(Sie sind wir). Ardern selbst ließ verlauten, sie sei nicht in das Projekt involviert.
„Sie sind nicht wir und es tut weh, Requisiten in einem Hollywood-Film zu sein“, betitelte der preisgekrönte Poet und Journalist Mohamed Hassan eine Art offenen Brief im „New Zealand Herald“. Ein Angehöriger eines der Opfer wandte sich in einem Brief an Schauspielerin Rose Byrne und bat sie, die Rolle abzulehnen. Es sei viel zu früh, um über einen Hollywood-Film zu sprechen.
Eine zog schon Konsequenzen: Die Produzentin Philippa Campbell stieg jetzt kurzerhand aus dem umstrittenen Projekt aus. In einer Mitteilung entschuldigte sie sich dafür, überhaupt an den Plänen beteiligt gewesen zu sein.