Zu wenig Personal für die Gastronomie
Angestellte in andere Branchen abgewandert – Hoffnung auf Rückkehrer aus Testzentren
Es ist einige Jahre her, dass eine gute Freundin von Theobald in ihre neue Wohnung gezogen ist. Zu dem Zeitpunkt hat sie auch ihren Impfpass zum letzten Mal gesehen. „Ich habe das kleine gelbe Heftchen in eine Box gelegt, in der ich alle wichtigen Dokumente aufbewahre. Dann weiß ich, wo ich im Zweifel nachsehen muss“, berichtete die Freundin.
Vor einigen Tagen hatte sie dann endlich ihren ersten Impftermin. Das gelbe Heft war auch sofort gefunden und der Weg zu ihrem Arzt kurz. Der Mediziner gab ihr dann auch die ersehnte Spritze mit dem Impfstoff – musste im Anschluss aber laut auflachen, als er den Eintrag im Impfpass vornehmen wollte. „Sie heißen also Merlin und sind neun Jahre alt?“, fragte er Theobalds Freundin, die zunächst gar nicht wusste, was los ist. Dann bemerkte sie aber schnell, dass sie in ihrer Eile den falschen Impfpass eingepackt hatte – den ihres Katers Merlin. Laut lachen musste bei der Geschichte auch
theobald@NWZmedien.de
Oldenburg – Das Gastgewerbe wurde in den letzten Monaten durch die Corona-Auflagen zu einer der unsichersten Branchen, was bis heute anhält. Auch jetzt noch zögern viele Menschen, eine Anstellung als Servicekraft anzunehmen. Dem großen Ansturm von Gästen können dadurch nur wenige Gastronomiebetriebe standhalten.
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Eigentlich ist genau das eingetreten, worauf die Gastronomen so lange gewartet habe: Sie dürfen wieder öffnen. Doch einfacher gesagt als getan – sie können nicht weitermachen wie zuvor, denn es fehlt so gut wie jedem Betreiber Personal. Angestellte, die insbesondere von Trinkgeld lebten, erhielten keinen Ersatz dafür. Somit sind viele von ihnen in die Logistik oder den Lebensmitteleinzelhandel abgewandert – die wohl mit krisenfestesten Arbeitsplätze der vergangenen Monate. Das ist auch der Grund dafür, dass manche Restaurants zurzeit noch ihre Öffnungszeiten einschränken.
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Das Problem
Die Gastronomen
Auch Jalina im Woyton am Julius-Mosen-Platz freut sich über Unterstützung: In der Gastronomie ist derzeit der Personalmangel zu spüren.
der Woyton-Gruppe sind laut Geschäftsführer Henner Welling noch nicht wieder bei „100 Prozent“. „Wir haben allerdings das Glück, dass wir noch einen relativ großen Personalstamm haben, der super mitzieht.“
Noch besser geht es dem Betreiber des Ratskellers, Sebastian Fey: „Wir haben tatsächlich unser komplettes
Stammpersonal behalten und insgesamt gut durch die Krise geführt.“
Anders als beim Peter Pane, wie Mitarbeiterin Anna verrät: „Wir sind absolut unterbesetzt, was das angeht.“Bezüglich der Bewerbungen und Aussichten erklärt sie: „Es ist schwierig. Es kommt gut was rein, aber wir müssen abwarten.“
Noch deutlicher fasst Cudi Icöz, Geschäftsführer der Finca & Bar Celona, die aktuelle Situation zusammen: „Für den derzeitigen Ansturm haben wir noch zu wenig Personal.“Konkrete Zahlen verdeutlichen die Lage: „Aus dem Lockdown rausgegangen sind wir mit weniger als 50 Prozent Besetzung. Aktuell haben wir rund 70 Mitarbeiter, bräuchten aber 110 bis 120. Auch beim Papa Rossi fehlen uns noch rund zehn Mitarbeiter. Außerdem bestehen wir überwiegend aus sehr jungem Personal, das nicht geschult ist. Das bedeutet eine Doppelbelastung für uns und macht es schwieriger.“
Eine Hoffnung auf gelernte Servicekräfte besteht aber: „Da viele Leute aus der Gastronomie auch als Unterstützung in die Testzentren gewechselt sind, könnten sie sich wegen der langsamen Schließungen eventuell bald wieder melden.“
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Die Arbeitsagentur
„Die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten ist nur geringfügig zurückgegangen, die Zahl der geringfügig entlohnten Beschäftigten dafür umso stärker“, fasst die Pressesprecherin der Agentur für Arbeit für Wilhelmshaven und Oldenburg, Katharina Schmauder, zusammen. Das betrifft zum Beispiel viele Aushilfen in der Gastronomie. „Dies liegt sicherlich auch daran, dass die geringfügig Beschäftigten keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld haben“, fügt sie hinzu. Aktuelle Werte stehen derzeit noch aus. Es wird erwartet, dass sie deutlich schlechter ausfallen als in den Vorjahren.