Dieses Graffito ist ein Fall für das Museum
Sprayer verewigte sich vor etwa 40 Jahren an der Pferdemarktbrücke auf Waschbeton
Oldenburg – Heißt es eigentlich Graffiti oder Graffito? Eine Frage, die beim Termin unter der Eisenbahnbrücke am Pferdemarkt vorab geklärt werden musste.
Unbekannter Künstler
Dort trafen sich am Donnerstagmorgen Kunstbauer Michael Olsen und der Leiter des Oldenburger Stadtmuseums, Dr. Steffen Wiegmann, zu einem Ortstermin. Ziel des kleinen Ausflugs war ein Kunstwerk, das ein unbekannter Künstler Ende der 70er, Anfang der 80er Jahre gegenüber von ehemals Möbel Rosenbohm auf eine Waschbetonplatte an der Bahnüberführung beim Pferdemarkt gesprüht hat. Olsen war damals gerade nach Oldenburg gezogen, die Sprayerei fiel ihm gleich auf.
Echtes Zeitdokument
Die war sicherlich auch damals schon nicht erlaubt, doch ist es mittlerweile ein echtes Zeitdokument und gehört deshalb nach Meinung von Olsen ins Museum. Denn die Waschbetonplatte, so hat
Liebe meines Lebens: Kunstbauer Michael Olsen und Stadtmuseumschef Steffen Wiegmann vor dem Graffiti am Pferdemarkt.
der Kunstbauer erfahren, soll beim Ausbau der Bahnstrecke abmontiert und wohl entsorgt werden.
Museumschef Wiegmann steht der Idee, sie in den Bestand des Museums zu nehmen, durchaus aufgeschlossen
gegenüber. Die Platte könnte jetzt schon in den temporären Räumen, die während der Schließung des Museums geöffnet werden, ausgestellt und später eingelagert werden. Die „love of my life“hat die Jahrzehnte gut überstanden.
Efeu wuchs drüber und schützte das Werk, das vor wenigen Wochen entfernt wurde. Seitdem ist der Blick darauf wieder frei.
Es ist vielleicht das erste Werk eines Sprayers in der Stadt. Spannend wäre es zu erfahren,
wer damals den Liebesbeweis an die Betonplatte gesprayt hat und für wen, meint Olsen. Oder ist es eine Allegorie, eine Ironie auf Waschbeton? Olsen hat sich gedanklich auf Zeitreise begeben, in eine Ära zurückver
Populär wurden die Wandmalereien in den 60er Jahren in New York, verbreiteten sich in Amerika in den 70er Jahren, dann schwappte die Welle nach Europa über. Die Schmierereien richten hohe Schäden an, haben es allerdings auch zu einer Kunstform entwickelt, wie die erlaubten und erwünschten Graffiti in der Burgstraße oder unter den Autobahnbrücken beweisen. Um die Ausgangsfrage zu beantworten: Graffito ist die Einzahl, Graffiti steht für mehrere Exemplare.