Bahn: Neubau der Friesenbrücke ist im Zeitplan
Vorarbeiten ab Juli – Inbetriebnahme bis Ende 2024 – Kosten steigen auf 125 Millionen Euro
Weener/Leer – Zumindest am Simulator funktionierte Europas größte Eisenbahn-Drehbrücke am Donnerstag schon einmal perfekt. Der Frachter auf dem Bildschirm näherte sich dem Neubau der Friesenbrücke. Der Drehpfeiler, Herzstück des Bauwerks, hob das 1800 Tonnen schwere Brückenteil an und drehte es binnen weniger Minuten. Und durch die Öffnung konnte der Frachter die hellblau gehaltene Brücke über die Ems problemlos passieren.
Mehr als fünfeinhalb Jahre nach der Zerstörung der Friesenbrücke bei Weener (Kreis Leer) sollen im Juli die ersten Vorarbeiten für den Neubau starten. Das teilten Vertreter der Bahn am Donnerstag bei einer digitalen Informationsveranstaltung in Leer mit. „Das ist sicherlich optimistisch, aber das ist das, was wir anpeilen“, sagte Stefan Schwe
de, Projektleiter der DB Netz AG, auch mit dem Verweis darauf, dass das Planfeststellungsverfahren noch läuft.
Mit Rad- und Fußweg
Der Rückbau der alten Strompfeiler im Flussbett soll
nach Bahn-Angaben ab Oktober erfolgen, der Baustart für die neue Brücke ist dann für April 2022 vorgesehen. Ende 2024 soll der Neubau, der auch über einen Rad- und Fußweg verfügen wird, in Betrieb genommen werden.
Insgesamt liege man damit im Zeitplan, betonte Schwede. Kritik am langen Zeitraum bis zur Fertigstellung der neuen Brücke wies er zurück. „Wir sind an Verfahren und Fristen gebunden“, sagte er. Auch Ulrich Bischoping, ehemaliger Konzernbevollmächtigter der Bahn für Niedersachsen und Bremen, warb um Verständnis für die lange Planungszeit. Die Brücke sei ein einmaliges Bauwerk. „Hier musste alles neu entwickelt und berechnet werden“, sagte er.
Frachter rammte Brücke
Der Neubau der Friesenbrücke wurde notwendig, nachdem ein Frachter im Dezember 2015 die Brücke gerammt und weitgehend zerstört hatte. Die Verbindung für den Bahnverkehr auf der Strecke von Oldenburg über Leer in Richtung Groningen in den Niederlanden, aber auch für Fußgänger und Radfahrer ist seitdem unterbrochen.
Projektleiter Schwede bestätigte, dass die geschätzten Kosten für den Neubau der Brücke deutlich höher ausfallen als bei den früheren Planungen im Jahr 2018 – nämlich 125 Millionen statt 66 Millionen Euro. An dieser Kostensteigerung hatte es zuletzt Kritik gegeben. Auch der zugeschaltete Parlamentarische Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, Enak Ferlemann, sprach bei aller Vorfreude auf die „ingenieurtechnische Meisterleistung“mit Blick auf die Kosten von einem „Wermutstropfen, dass dies so teuer wird“.
Schwede verwies darauf, dass frühere Kostenschätzungen „ohne Risikovorrat“erfolgt seien. 2019 seien diverse Risiken noch einmal intensiver betrachtet worden. Nach Bahnangaben ist die Steigerung neben gestiegenen Materialund Personalkosten etwa auf neue Stellwerkstechnik und Vorplanungen für eine mögliche Elektrifizierung der Strecke zurückzuführen.