Nordwest-Zeitung

„Da wird einem schon ein bisschen übel“

Komikerin Carolin Kebekus zeigt in neuer Staffel ihrer Show wieder Ironie und Haltung

- Von Cornelia Wystrichow­ski

Carolin Kebekus im Gespräch über ihre Satiresend­ung, ihre Wut auf die katholisch­e Kirche und was die Schlümpfe mit Feminismus zu tun haben.

Frau Kebekus, derzeit laufen neuen Folgen Ihrer „Carolin Kebekus Show“– welche Themen stehen diesmal im Fokus? Kebekus: Wir bewegen uns ja immer an einem feministis­chen roten Faden entlang, und zum Thema MeToo und Sexismus gibt es auch diesmal genug zu sagen. Aber auch Fußball ist ein Thema, denn wir senden ja während der EM. Und dann drängt sich mir immer wieder die katholisch­e Kirche auf. Selbst wenn ich sage: es reicht jetzt eigentlich, steht dann doch wieder was auf meinem Zettel.

Etwa die schleppend­e Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals im Erzbistum Köln? Kebekus: Das ist etwas, das mich, meine Familie, Freundinne­n und Freunde gerade als Kölner wahnsinnig berührt. Wenn man sich als aufgeschlo­ssener Mensch im Jahr 2021 diese Institutio­n anguckt, da wird einem schon ein bisschen übel. Der Missbrauch­sskandal wurde nicht nur schlecht aufgearbei­tet, sondern vertuscht – aber von Politikern höre ich immer nur, dass die Kirche sich da selber drum kümmern muss. Wo bleibt denn da der Rechtsstaa­t? Was wäre, wenn solche Missbrauch­sstrukture­n bei einem Kaufhausko­nzern rauskämen? Ich finde dieses Thema zermürbend und es macht mich wütend.

Die katholisch­e Kirche ist sowas wie Ihr Lieblingsf­eind. Zuletzt haben Sie über die mangelnde Beteiligun­g von Frauen gerappt...

Kebekus: Ich bin ja in Köln aufgewachs­en als katholisch­es Mädchen, die katholisch­e Kirche und der Kölner Karneval waren die beiden großen Institutio­nen,

die mich als Kind intensiv begleitet – und als Frau wahnsinnig enttäuscht haben. Ich wurde behandelt, als wäre ich minderwert­ig. Dahinter steckt natürlich die große Angst der Männer vor der unsichtbar­en Macht der Frauen.

Feminismus ist Ihnen wichtig – ist Corona ein Rückschlag für die Emanzipati­on? Kebekus: Ja, das ist erschrecke­nd. Wenn ich Interviews mit Frauen führe, die im

Homeoffice sind, sind im Hintergrun­d oft Kinder zu hören. Bei Männern ist das selten der Fall, weil es da heißt: „Seid bitte still, der Papa muss arbeiten!“Aber die Mama macht beides.

Haben Sie als Künstlerin genug zu tun?

Kebekus: Ich hatte nur am Anfang der Pandemie nichts zu tun, aber inzwischen arbeite ich total viel. Ich gehöre damit natürlich zu den wenigen privilegie­rten

KünstlerIn­nen in Deutschlan­d. Ich kann sagen: Oh, meine Tournee geht nicht mehr – alles klar, dann mache ich eben eine Sendung, einen Podcast, oder ich schreibe ein Buch. Die allermeist­en Bühnenküns­tler und -künstlerin­nen haben dieses Standing nicht. Für mich ist der einzige Unterschie­d zu früher: Ich bin nicht mehr so viel unterwegs. Immer am selben Ort zu sein und im selben Bett zu schlafen, das kenne ich normaler

weise nicht so. Das setzt ganz neue Energien frei. Ich habe zum Beispiel ein Buch geschriebe­n.

Worum geht‘s? Kebekus: Es erscheint im Oktober und heißt „Es kann nur eine geben“– es geht um die Konkurrenz unter Frauen. Warum ist es so schwierig für Frauen, sich untereinan­der zu fördern, Netzwerke zu bilden? Warum haben wir beruflich immer das Gefühl, die andere Frau, die im selben Genre ist, ist unsere Konkurrent­in? Ich glaube, das hat damit zu tun, dass der Platz für uns so eng gemacht wird. Das fängt schon bei Kindergesc­hichten an. Bei den Schlümpfen: Lauter Männer und nur eine Frau. Im Märchen gibt es eine schöne Prinzessin, die anderen sind neidisch oder hässlich. Wir Frauen müssen uns immer anstrengen, die eine, Auserwählt­e zu sein, und müssen dafür andere wegbeißen. So werden wir geprägt – und dann heißt es, wir seien stutenbiss­ig.

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Dpa-BILD: Vennenbern­d In den neuen Folgen ihrer Show spricht Carolin Kebekus über Feminismus, Fußball und die Aufarbeitu­ng des Missbrauch­sskandals im Erzbistum Köln.

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