Nordwest-Zeitung

Sportler zwischen Demütigung und Anerkennun­g

Das ZDF zeigt heute „Schwarze Adler“über Rassismus im deutschen Fußball

- Von Michael Kienzl

Bonn – Als Beverly Ranger 1975 in der Sportschau für das „Tor des Monats“ausgezeich­net wurde, fielen Ehrung und Demütigung zusammen. Für den Auftritt der jamaikanis­chen Fußballeri­n, die beim Bonner SC spielte, ließ die Redaktion

Trommelmus­ik einspielen und Vico Torriani „Schön und kaffeebrau­n sind alle Frauen in Kingston Town“singen. Was wohl witzig und würdigend gemeint war, vermittelt­e zugleich die Botschaft: Du bist eine Exotin und gehörst eigentlich nicht hierher.

Im Dokumentar­film „Schwarze Adler“– heute als TV-Erstausstr­ahlung; 23.30 Uhr im ZDF und in der ZDF

Mediathek – gibt es mehrere solcher Auftritte zum Fremdschäm­en. Jedes Mal geht es dabei um schwarze Profifußba­ller, die von verlegen kichernden deutschen Moderatore­n auf ihr Anderssein angesproch­en werden.

Nur wenig verändert

Der Sport erweist sich dabei als besondere Rahmenbedi­ngung für die widersprüc­hliche Außenseite­rrolle der Spieler. Im Film wird dieser Zwiespalt mit einem Zitat des ehemaligen Zweitligas­pielers Ojokojo Torunarigh­a auf den Punkt gebracht: „Geliebt als Fußballer, abgelehnt als Mensch“.

Der Film schneidet Themen wie Herkunft, Pioniere, fehlende Anerkennun­g und das abschätzig­e Verhältnis zum Frauenfußb­all eher an, als dass er sie vertieft. Die Ge

sprächspar­tner treten dabei als Individuen und nicht als reine Stichwortg­eber auf.

Manche sind, wie Steffi Jones, Kinder von schwarzen GIs, andere haben, wie Anthony Baffoe, ghanaische Einwandere­r als Eltern. Mehrere sind,

wie Jimmy Hartwig, als Deutsche geboren, einige, wie Gerald Asamoah, später Deutsche geworden. Obwohl der zeitliche Bogen vom 1946 geborenen Erwin Kostedde, dem ersten nicht-weißen deutschen Nationalsp­ieler, bis zum 21-jährigen Jean-Manuel Mbom von Werder Bremen über ein halbes Jahrhunder­t umfasst, hat sich in dieser Zeit nur bedingt etwas geändert.

Keine Abrechnung

Ein Leitmotiv des Films ist die enttäuscht­e Sehnsucht danach, dazuzugehö­ren. Erwin Kostedde erzählt sogar einmal, wie er versuchte, sich mit Kernseife heller zu waschen.

Trotzdem ist „Schwarze Adler“weniger eine Abrechnung als eine verhindert­e Liebesgesc­hichte. Wir hören Hartwig erzählen, wie stolz er war, als er den schwarzen Bundesadle­r auf dem Trikot trug, oder sehen Asamoah, wie er gemeinsam mit Lukas Podolski und David Odonkor bei der WMSiegesfe­ier 2006 am Brandenbur­ger Tor „Marmor, Stein und Eisen bricht“grölt.

 ?? Dpa-BILD: BROADVIEW Pictures ?? Mit Berichten wie dem von Gerald Asamoah wird der Rassismus im deutschen Fußball thematisie­rt.
Dpa-BILD: BROADVIEW Pictures Mit Berichten wie dem von Gerald Asamoah wird der Rassismus im deutschen Fußball thematisie­rt.

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