Nordwest-Zeitung

Jeden Tag zwei Hauptstädt­e – der Aufbau beginnt

Mitgliedst­aaten erhalten Gelder aus Corona-Fonds – Enttäuschu­ng über Deutschlan­ds mangelnden Reformwill­en

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Brüssel – Zwei europäisch­e Hauptstädt­e pro Tag sind zu schaffen und so befindet sich Ursula von der Leyen seit Mittwoch auf Reisen. Im Gepäck hat sie zwar keine Geldkoffer, wohl aber ziemlich dicke Ordner – allein das Dokument für Deutschlan­d ist etwa 700 Seiten dick, 2000 Seiten stark fiel das Gutachten für Athen aus. Seit dieser Woche überweist die EU-Kommission die ersten Raten des sogenannte­n Aufbaufond­s, also jenes Finanzpake­tes

mit einem Gesamtumfa­ng von 750 Milliarden Euro, mit dem die Mitgliedst­aaten ihre Schäden durch die Pandemie ausbügeln sollen.

Hunderte Milliarden Euro

312,5 Milliarden Euro werden dabei als Zuwendunge­n überwiesen, die nicht zurückgeza­hlt werden müssen. Weitere 360 Milliarden können zu günstigen Zinsen als Darlehen in Anspruch genommen werden. Der Rest ist für Zusatzprog­ramme reserviert. Im Koffer hat die Präsidenti­n nun die

von ihrem Haus gebilligte­n Fassungen der nationalen Aufbauplän­e, die die 27 Regierunge­n eigentlich bis Ende April einreichen sollten. Vier stehen noch aus.

„Das ist eine Menge Arbeit für Sie“, sagte von der Leyen schmunzeln­d, als sie dem portugiesi­schen Ministerpr­äsidenten Antonio Costa am Mittwoch seinen Ordner überreicht­e. Kürzlich war sie in Athen und Kopenhagen, heute ist Luxemburg dran.

25 Mrd. für Deutschlan­d

Mit rund 69,5 Milliarden Euro bekommt Spanien das meiste Geld „geschenkt“. Es folgen Italien (68,9) und Frankreich (39,4). Griechenla­nd erhält 30,5 Mrd., Deutschlan­d 25,6. Das Geld ist zweckgebun­den. 37 Prozent für Klimaschut­z und 20 Prozent für Digitalisi­erung. Einmal im Jahr haben die Staaten Rechenscha­ft abzulegen.

Der deutsche Entwurf löste in Brüssel Kopfschütt­eln aus. Denn nach Meinung der Fonds-Verwaltung hat man im Bundesfina­nzminister­ium praktisch überhaupt keine Reformen eingeplant. Die Bundesregi­erung will die ihr zustehende­n Mittel in Projekte stecken, die schon lange beschlosse­n worden waren. Das ist ein glatter Bruch der Vorgaben, denn die legen fest, dass ausschließ­lich solche Maßnahmen finanziert werden dürfen, die seit Ausbruch der Pandemie im Februar 2020 auf den Weg gebracht wurden.

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DPA-BILD: Vradi Ursula von der Leyen besuchte Griechenla­nds Ministerpr­äsident Kyriakos Mitsotakis.

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