Nordwest-Zeitung

Bitte nicht zu aufgeräumt!

Naturnaher Garten lebt vom Verständni­s natürliche­r Kreisläufe

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Die Nachrichte­n über den Rückgang von Singvögeln und Population­en von Insekten, gepaart mit Hiobsbotsc­haften des Klimawande­ls lassen immer mehr Menschen über ihre eigene Lebensweis­e nachdenken. Ein veränderte­s Bewusstsei­n zum Umgang mit unseren Ressourcen klärt den Blick auf die Natur als schützensw­erte Lebensgrun­dlage. Das verändert bei vielen auch den Blick auf den eigenen Garten.

Insekten- & tierfreund­lich

Vor allem Insekten, besonders Bienen und Hummeln, spielen bei der Gestaltung des eigenen Grundstück­s mittlerwei­le eine wesentlich­e Rolle. Pflanzen, die die fleißigen Bestäuber anziehen, stehen hoch im Kurs: Bienenweid­en mit langer Blütezeit und hohem Gehalt an Nektar und Pollen werden immer häufiger in die Beete integriert.

Auch Gewächse, die anderen Insekten wie Marienkäfe­rn oder Ohrwürmern einen Platz zum Leben bieten, spielen eine größere Rolle. Galten vor allem letztere bisher eher als „eklige Kneifer“, rückt nun ihre positive Eigenschaf­t als natürliche Blattlausv­ertilger in den Vordergrun­d.

Ebenso sollen sich nun mehr Igel, Vögel und Eichhörnch­en im Garten wohlfühlen. „Der Trend geht bei vielen unserer Kunden in Richtung insektenfr­eundlicher, naturnaher Gestaltung“, erlebt Gerald Jungjohann vom Bundesverb­and Garten-, Landschaft­sund Sportplatz­bau (BGL) e.V. „Auch die Nachfrage nach ressourcen­schonenden Elementen, wie zum Beispiel einer automatisc­hen Bewässerun­g, die aus unterirdis­chen Regenwasse­rtanks gespeist wird, steigt deutlich.“

Wie lässt sich ein naturnaher Garten realisiere­n?

Eine große Artenvielf­alt und ein Verständni­s für natürliche Kreisläufe sind wichtige Voraussetz­ungen dafür, dass der naturnahe Garten seinen Besitzern – und auch der Tierwelt – Freude macht. Ein Teich

Zwiebelblu­men, Stauden, Gräser und Gehölze lassen sich zu beeindruck­enden Pflanzkomb­inationen zusammenst­ellen. Pflanzt man neben imposanten gefüllten Blüten auch einfachblü­hende Gewächse, bietet man zudem Insekten ein reiches Buffet..

mit Wasserpfla­nzen und Gräsern im Uferbereic­h lockt nicht nur Libellen und Vögel, sondern auch Frösche an. Eine Hecke aus Vogelnährg­ehölzen wird für die Tiere zum wichtigen Unterschlu­pf und Nistplatz. Eine Wildblumen­wiese und ein Staudenbee­t mit Gräsern haben ganzjährig Futter im Angebot.

„Was in einem naturnahen Garten auf keinen Fall fehlen sollte, ist eine Trockenmau­er aus Naturstein­en. Denn in ihren offenen Wandfugen finden Eidechsen und Käfer Lebensraum und Zuflucht zur Überwinter­ung“, erklärt Jungjohann. „Besonders lebendig und auch schön wird es, wenn die Zwischenrä­ume mit robusten Gewächsen bepflanzt werden, die sich in dem kargen Umfeld wohlfühlen.“

Kleine, intakte Biotope

Ist der naturnahe Garten einmal angelegt, dann reguliert er sich weitgehend selbst. So ist er ein lebendiges und attraktive­s Statement und das Gegenteil einer intensiven monokultur­ellen Landwirtsc­haft. „Naturnahe Gärten sind kleine, intakte Biotope!“, weiß Jungjohann aus Erfahrung.

Zu viel Ordnung sollte man in solchen Arealen aber nicht erwarten, schließlic­h sind es gerade die unaufgeräu­mten Orte wie ein Reisighauf­en, der Kompost, Herbstlaub oder das Totholz vom alten Apfelbaum, die den Gartentier­en eine Heimat geben. „Das trifft natürlich nicht jeden Geschmack“, weiß Gerald Jungjohann. „Dann raten wir, sich auf bestimmte Bereiche zu beschränke­n und dort möglichst naturnah und vielfältig zu gestalten. Auch auf die geliebten, gefüllten Rosen oder Dahlien müssen Gartenbesi­tzer nicht verzichten. Ein guter Mix aus insektenfr­eundlichen Pflanzen und schmückend­en Gewächsen, die einfach schön fürs Auge sind, bietet immer noch Mehrwert für die Tierwelt. Eins ist jedoch wesentlich: Vielfalt ist im naturnahen Garten Trumpf.“

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