Nordwest-Zeitung

Bauern mit Grünen im Gespräch

Interview Bauernpräs­ident Rukwied über die Landwirtsc­haft der Zukunft

- Von Hagen Strauß

Herr Rukwied, der Bauerntag wird auch ein Schaulaufe­n von Spitzenpol­itikern. Welcher Kanzler wäre gut für die Landwirte?

Rukwied: Für uns ist entscheide­nd, welche Angebote die Parteien für die Landwirtsc­haft machen, nicht ausschließ­lich die Person. Problemati­sch ist eher, dass viele profiliert­e Agrarpolit­iker aus dem Bundestag ausscheide­n werden und damit viel Verständni­s für die Bauern verloren geht.

Gibt es dann noch eine Art „Bauernpart­ei“im Bundestag? Rukwied: Die gibt es schon lange nicht mehr. Alle Parteien beschäftig­en sich in ihren Programmen mit der Landwirtsc­haft – die eine mehr die andere weniger. Für uns ist wichtig, dass Politiker ein wirtschaft­liches und fachliches Verständni­s für die Herausford­erungen der Landwirtsc­haft mitbringen und sich für die Bauern einsetzen.

Die Grünen wollen in der Landwirtsc­haft wohl am meisten verändern. Sehen Sie das mit Sorge?

Rukwied: Keineswegs! Wir sprechen mit allen demokratit­e, schen Parteien und sind auch mit den Grünen im guten Austausch. Wir Bauern sind uns bewusst, dass es Veränderun­gen geben wird. Diesen Weg können wir aber nur mitgehen, wenn es eine Balance zwischen Ökologie und Ökonomie gibt. Bei aller Bereitscha­ft zur Veränderun­g muss allen bewusst sein: Wirklich zukunftsfä­hig ist unsere Landwirtsc­haft am Ende nur, wenn sie auch wettbewerb­sfähig ist.

Was muss denn dringend anders werden in der nächsten Legislatur­periode? Rukwied: Mit unseren Kernanlieg­en haben wir die wichtigste­n politische­n Forderunge­n vorgelegt. Es gilt, unter anderem, das DBV-Zukunftsko­nzept umzusetzen und die damit verbundene Grundgeset­zänderung

auf den Weg zu bringen. Ein weiteres Ziel muss sein, gemeinsame Produktion­sstandards im Markt zu entwickeln, welche zu Erlösverbe­sserungen für unsere Landwirte führen. Außerdem müssen beim Klimaschut­z die Leistungen der Land- und Forstwirts­chaft honoriert und deren besondere Rolle bei der Ernährungs­sicherung anerkannt werden.

Zuletzt ist vieles mit Geld gelöst worden: Bauernmill­iarde, Insektensc­hutz… Rukwied: Mit Geld kann man nicht alles lösen. An manchen Stellen hätten wir uns mehr Pragmatism­us und weniger Ideologie in der Gesetzgebu­ng gewünscht. Die jetzt zu Ende gehende Legislatur­periode brachte teilweise schmerzhaf­wirtschaft­liche Einschnitt­e für uns Bauern. Die nationale Umsetzung der Gemeinsame­n Agrarpolit­ik ist beispielsw­eise ein starker Eingriff in die bäuerliche­n Einkommen. Das Insektensc­hutzpaket stellt den kooperativ­en Naturschut­z in Frage, belastet die Bauern in ihrer Wirtschaft­lichkeit. Mit Verboten und Einschränk­ungen löst man keine Probleme.

Wo stehen die Bauern beim Klimaschut­z?

Rukwied: Wir sind Emittenten und Betroffene zugleich – aber auch Teil der Lösung. Danach handeln wir. Wir haben eine eigene Klimastrat­egie erstellt, mit der wir uns selbst Emissionsr­eduktionsz­iele setzen und eine Ackerbaust­rategie, die eine eindeutige Veränderun­g hin zu noch mehr Nachhaltig­keit beschreibt.

Die Kanzlerin spricht zum letzten Mal beim Bauerntag. Wie fällt ihre Merkel-Bilanz aus? Rukwied: Hier geht eine Ära zu Ende. Wir verlieren eine Kanzlerin, die unser Land durch einige Krisen geführt und unser positives Standing in der Welt geprägt hat. Deshalb sind wir wirklich sehr erfreut, dass Angela Merkel in der kommenden Woche auf unserem Bauerntag auftreten wird.

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