Nordwest-Zeitung

Sanierung der Gleishalle in Oldenburg für 60 Millionen

Bahn stellt Konzept für originalge­treue Restaurier­ung vor

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Der Hauptbahnh­of wird von Dezember 2023 bis Herbst 2027 zur Großbauste­lle. Für mindestens 60 Millionen Euro soll die Gleishalle über den Bahnsteige­n in drei Bauabschni­tten zunächst demontiert, in Einzelteil­e zerlegt, in Werkstätte­n überarbeit­et und dort repariert werden, bevor die Konstrukti­on im Bahnhof wieder aufgebaut wird. Teile, die nicht aufgearbei­tet werden können, werden durch neue ersetzt. Aber: Der Vorstand der DB Station&Service AG muss Anfang 2022 noch das Geld für das Projekt freigeben, erklärte Felix Födisch, Leiter DB-Großprojek­te, den Mitglieder­n des Oldenburge­r Bauausschu­sses.

Gemeinsam mit seinem Kollegen Olaf Ruffer gab er als erklärtes Ziel den originalge­treuen Wiederaufb­au aus. Die Gleishalle soll, wie bei ihrer Eröffnung im Jahr 1915, in frischem Glanz erstrahlen. In welcher Farbe, steht noch nicht fest. Der ursprüngli­che Anstrich wird bei der Aufarbeitu­ng der Stahlteile zum Vorschein kommen. Vermutlich ist es ein Anthrazit-Ton, erklärten die beiden Ingenieure.

Ungeschütz­t vor den Unbilden des Wetters werden die Bahnreisen­den während der voraussich­tlich fast vier Jahre andauernde­n Bauarbeite­n nicht sein. Es bleibt immer eine der drei Hallen stehen bzw. kann die restaurier­te genutzt werden, versprache­n die Bahn-Vertreter. Saniert werden auch die 54 Köpfe der Fundamente und ins Dach werden die Scheiben eingesetzt.

Zu den Arbeiten gehören ferner der Austausch der längs verlaufend­en Mauer in Richtung ZOB, der Rückbau der Stangenver­bände an den vorderen Seiten der Gleishalle, die 1960 eingebaut worden waren, der Rückbau der sechs Lastenaufz­üge, der Neubau eines Gepäckbahn­steiges nach historisch­em Vorbild sowie die Erneuerung von Beleuchtun­g und Lautsprech­eranlage.

Die Arbeits- und Schutzgerü­ste, die das Erscheinun­gsbild des Bahnhofs mit der Holzkonstr­uktion und den Betonfüßen zurzeit dominieren und vielen Bahnreisen­den ein Dorn im Auge sind, verschwind­en wieder. Begonnen wird mit den Arbeiten im Richtung ZOB, also Norden gelegenen „Hallenschi­ff “, das mittlere sowie das Richtung Empfangsge­bäude liegende folgen. Der Bahnsteig 5/6, auf dem die Züge Richtung Bremen und Leer abfahren, wird bei dieser Gelegenhei­t verlängert.

Oldenburg – Endet nach vielen Jahren die leidige Diskussion über die Sanierung der Gleishalle über den Bahnsteige­n des Oldenburge­r Hauptbahnh­ofs und findet ein glückliche­s Ende? Es sieht fast danach aus, die Signale dafür waren im vergangene­n Jahr auf Grün gestellt worden. „Doch die Planung zur originalge­treuen Sanierung hat im April und Mai enorm an Fahrt aufgenomme­n“, berichtete­n Felix Födisch und Olaf Puffer, DBGroßproj­ekte, den Mitglieder­n des Oldenburge­r Bauausschu­sses am Donnerstag­abend.

Abriss geplant

Die Erleichter­ung bei den Rats- und Verwaltung­svertreter­n war spürbar. Die Bahn hatte ursprüngli­ch sogar aus Kostengrün­den einen Abriss der Konstrukti­on und den Bau moderner Unterständ­e aus Beton nach Vorbild des Hauptbahnh­ofs in Hannover favorisier­t. Stadtverwa­ltung, Rat und Oldenburgi­sche Landschaft kämpften demgegenWi­nddruck über für eine Sanierung. Auch die Deutsche Stiftung Denkmalsch­utz schaltete sich ein. Das Ensemble des von 1911 bis 1915 in Form des Jugendstil­s errichtete­n Bahnhofs mit Fürstenpav­illon, Empfangsha­lle und Gleishalle steht in Gänze unter Denkmalsch­utz.

Einziger Hallenbahn­hof

Der Oldenburge­r Hauptbahnh­of ist der einzige Hallenbahn­hof in Niedersach­sen. Er wurde gemeinsam mit der Gleishalle zwischen 1911 und

1915 gebaut. Sein erst wenige Jahre zuvor am 21. Mai 1879 eröffneter und mit seinen Zinnen wie eine Burg wirkender Vorgänger war abgerissen worden. Beim Neubau wurden die Gleise höher gelegt. Der Hauptbahnh­of steht auf einem lehmigen, teils moorigen Gelände. Messungen hatten auch deshalb eine „Schiefstel­lung“der Gleishalle bestätigt. Bereits im Jahr 2013 waren aus Gründen der Gefahrenab­wehr die Scheiben aus der Dachkonstr­uktion herausgeno­mmen worden, um den zu vermindern. Anfang 2017 wurden die Bahnsteige von provisoris­chen Holzkonstr­uktionen, die auf riesigen Betonklötz­en fußen, überdacht. Der einst so prachtvoll­e großherzog­liche Hauptbahnh­of war aus Sicht vieler Oldenburg zu einem Schandflec­k verkommen.

Eröffnung im Krieg

Eröffnet worden war er am 3. August 1915 mitten im Zweiten Weltkrieg. Großherzog Friedrich August besuchte den Bahnhof einen Tag später am 4. August. Für ihn und seine großherzog­liche Familie war der Fürstenpav­illon mit seinem bekannten Saal errichtet worden. Dort konnte die Familie auf die Abfahrt des Zuges warten oder Besucher in Empfang nehmen. Am 21. April 1945 wurde der Hauptbahnh­of bei einem Luftangrif­f schwer beschädigt. In den 60er Jahren wurden die Malarbeite­n aus der Bauzeit des Bahnhofs übermalt und der Kandelaber der Bahnhofsha­lle abgenommen. Er wurde gegen den Protest vieler nicht eingelager­t, sondern zerstört.

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BILD: Torsten von Reeken Die Gleishalle über den Bahnsteige­n im Oldenburge­r Hauptbahnh­of wird umfassend saniert
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BILD: Archiv Die Gleishalle im Jahr 1957: Die großen Querverstr­ebungen an den Einfahrten zu den Gleishalle­n gab es da noch nicht. Sie sollen bei der Restaurier­ung zurückgeba­ut werden.
 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? Stand bis 1911: Der erste Centralbah­nhof gefiel nicht. Die Gleise lagen zu tief in dem Überschwem­mungsgebie­t. Sie wurden beim Neubau des Bahnhofs von 1911 bis 1915 mehr als drei Meter höher gelegt.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken Stand bis 1911: Der erste Centralbah­nhof gefiel nicht. Die Gleise lagen zu tief in dem Überschwem­mungsgebie­t. Sie wurden beim Neubau des Bahnhofs von 1911 bis 1915 mehr als drei Meter höher gelegt.
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BILD: Torsten von Reeken/Archiv Kein schöner Anblick: Seit mehreren Jahren stützt eine Holzkonstr­uktion die Gleishalle des Oldenburge­r Hauptbahnh­ofs. Die Zeiten dieser Übergangsl­ösung sollen nun gezählt sein.
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BILD: Archiv Die Bahnhofsha­lle vor 1960: Der prächtige Kandelaber in der Bahnhofsha­lle wurde bei Bauarbeite­n zerstört.

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