Spaltungstendenzen in der Werte-Union
Landesverbände wenden sich von der konservativen Gruppe ab – Streit um Kurs von Max Otte
Berlin/Stuttgart – Die ultrakonservative Werte-Union zeigt nach der umstrittenen Wahl des Ökonomen Max Otte zum neuen Bundeschef immer stärkere Auflösungserscheinungen. Nach den Landesvorständen in Hessen und Rheinland-Pfalz trat auch in Baden-Württemberg fast die gesamte Führung aus Protest gegen Ottes Kurs zurück. Die bayerische Werte-Union verließ nach Angaben ihrer Vorsitzenden den Bundesverband und gründete eine neue Plattform unter dem Namen „Konservativer Aufbruch für Werte und Freiheit“. Auch der bisherige Landesvorstand im Südwesten plant, ein neues Netzwerk zu gründen. Die Verbände werfen Otte vor, die WerteUnion nach rechts rücken und zur AfD hin öffnen zu wollen.
Die Werte-Union sieht sich als Vertretung der konservativen Strömung in der Union, ist aber keine offizielle Parteigliederung. Die CDU hat rund 400 000 Mitglieder, rund 140 000 sind es bei der CSU.
Spaltung der Gruppe
Otte war im Amt des Vorsitzenden der Werte-Union auf Alexander Mitsch gefolgt, der vorher seinen Rückzug angekündigt hatte. Innerhalb der Werte-Union löste die knappe Wahl Ottes zum neuen Vorsitzenden großen Streit aus, die bayerische Landesvorsitzende Juliane Ried war seine Gegenkandidatin gewesen. Ried hielt Otte vor: „Er will nicht einsehen, dass er die Werte-Union gespalten hat.“Nach den Worten des baden-württembergischen Vize-Chefs Oliver Kämpf löst sich die WerteUnion langsam auf. „Die Werte-Union ist wie ein totes Pferd, von dem man absteigen muss.“
Lob für Laschet
In Baden-Württemberg kündigten elf von zwölf Vorstandsmitgliedern dem Bundesvorstand ihren Rückzug zum kommenden Freitag an. In dem Schreiben heißt es, es gebe eine „Annäherung an völkische und nationalistische Themen“. Otte widersprach: „Das ist unterste Schublade. Ich weise das entschieden zurück und lasse rechtliche Schritte dagegen prüfen.“Der Ökonom lobte den UnionsKanzlerkandidaten Armin Laschet, dieser stehe „für einen rheinischen Kapitalismus, die soziale Marktwirtschaft“.
Otte hatte 2017 in einem Interview angekündigt, er wolle bei der Bundestagswahl die AfD wählen – auch wegen Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Fondsmanager war bis Januar 2021 Kuratoriumsvorsitzender der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung gewesen. Nun sagte er mit Blick auf die Bundestagswahl: „Es ist nicht Aufgabe der Werte-Union, Wahlkampf für die CDU zu machen.“Otte erklärte, er sehe „das Ausmaß der Corona-Auflagen sehr, sehr kritisch.“Er habe früher auf Querdenker-Demos gesprochen. „Jetzt als Vorsitzender würde ich das nicht mehr tun.“