Nordwest-Zeitung

Terminschw­änzer zur Kasse bitten

- Von Kerstin Münsterman­n, Büro Berlin

Nach den vielen Monaten der Impfstoffk­nappheit klingt es wie ein Märchen: Ärzte und Impfzentre­n sitzen in einigen Regionen bereits auf zu viel Impfstoff. Das bedeutet, es gibt den begehrten Impfstoff von Biontech oder Moderna für alle, die geimpft werden möchten – ohne wochenlang­e Warteliste­n. Ein Grund zu jubeln. Doch schon mischt sich ein Wermutstro­pfen in die gute Nachricht. Die Impfwillig­en bleiben aus. Nicht überall natürlich, aber bereits an einigen Orten.

Die Politik muss jetzt schnell handeln – während der Anteil der ansteckend­eren Delta-Variante wächst, hat sich der Sinkflug der Corona-Zahlen abgebremst. Am Sonntag ist erstmals seit Anfang Juni die Sieben-Tage-Inzidenz im Vergleich zum Vortag gestiegen – wenn auch nur gering.

Dennoch: Experten rechnen mit steigenden Inzidenzen, je näher der Herbst kommt. Je mehr Menschen bis dahin geimpft sind, umso besser. Es braucht jetzt kluge Konzepte, den Impfstoff zu den Menschen zu bringen. Die Idee, mit mobilen Impfteams in soziale Brennpunkt­e zu fahren, hat sich schon zu Beginn der Impfkampag­ne bewährt. Bürgermeis­ter berichten davon, dass sie Erfolge damit erzielen, mit übrig gebliebene­m Impfstoff und einem Impfmobil in die Mitte von Fußgängerz­onen gefahren zu sein – und Passanten das Angebot gern nutzen, den samstäglic­hen Einkauf mit einer Spritze für die Erst- oder Zweitimpfu­ng zu verbinden.

Außerdem gilt es nun, die richtigen Worte zu finden. Keine Panikmache, sondern eine realistisc­he Bewertung der Lage, wenn sich die Infektions­zahlen wieder verschlech­tern. Aufklärung in vielen Sprachen – überall dort, wo Menschen zusammenko­mmen.

Und ja: Es braucht Sanktionen gegen Menschen, die ihre Impftermin­e ohne Angaben von Gründen nicht wahrnehmen. Die Pandemie ist eben keine Privatsach­e – ihre Bekämpfung ist eine gesellscha­ftliche Aufgabe, die finanziell­en Lasten werden von allen getragen. Deswegen sollten Terminschw­änzer an den Kosten beteiligt werden. Einen Impftermin abzusagen bedarf keiner großen Anstrengun­g – ein Griff zum Hörer genügt in der Regel.

@ Die Autorin erreichen Sie unter forum@infoautor.de

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