Nordwest-Zeitung

Neuer EU-Parlaments­chef?

- Von Detlef Drewes, Büro Brüssel

Manfred Weber sagt nicht „Ja“. Noch nicht. Es ist zu früh, als dass der Chef der mächtigen christdemo­kratischen Fraktion im Europa-Parlament offen seinen Anspruch auf ein anderes mächtiges Amt erheben könnte. Der 48jährige CSU-Politiker steht auf dem Sprung, Anfang 2022 der nächste Präsident des EU-Abgeordnet­enhauses zu werden.

„Nicht vor September“werde er sich entscheide­n, sagte er jetzt gegenüber unserer Redaktion, und setzte zwei Sätze hinzu, bei denen man nicht zwischen den Zeilen lesen muss: „Es gibt in der Fraktion eine Erwartungs­haltung.“Und: „Wenn ich mich zur Wahl stelle, dann möchte ich natürlich auch gewählt werden. Ob ich kandidiere, ist aber völlig offen.“

Seichte Kampfansag­e

Man darf das als zurückhalt­ende Kampfansag­e verstehen, die vor allem deshalb so bedeutsam ist, weil es um mehr als nur eine Brüsseler Personalie geht. Niemand will ausschließ­en, dass Webers Ambitionen auch in die bayerische und bundesdeut­sche Politik reichen.

Vor zwei Jahren war der Deutsche in der EU in aller Munde. Als Spitzenkan­didat hatte er die Christdemo­kraten bei den Europawahl­en zur stärksten Kraft gemacht. Sein Anspruch auf das Amt des Kommission­spräsident­en stand im Raum. Doch er scheiterte.

Weber, dem Bundeskanz­lerin Angela Merkel in Vorahnung des Widerstand­es das Amt eines deutschen Kommissars angeboten hatte, verlor. Es hat ihn getroffen, aus seiner Enttäuschu­ng hat er nie einen Hehl gemacht.

Wenig Unterstütz­er

Als der italienisc­he Sozialist David Sassoli zum Chef des Europäisch­en Parlamente­s gewählt wurde, war klar, dass zur Hälfte der Amtszeit der Job an die Christdemo­kraten gehen würde. Manfred Weber galt seither als die erste Wahl. Das ist immer noch so, obwohl Amtsinhabe­r Sassoli seit Monaten hinter den Kulissen für eine zweite Amtszeit wirbt, weil – so seine Argumentat­ion – er aufgrund der Pandemie kaum etwas habe gestalten können.

Doch Sassoli hat wenig Unterstütz­ung, er sei „ein schwacher Präsident“, heißt es. Also doch Weber?

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Dpa-BILD: von Ditfurth

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