Nordwest-Zeitung

Wenn Kinder lange leiden

Nach einer Infektion leidet eine Dreijährig­e in Emden auch nach Monaten noch an Symptomen

- Von Kornelia Sojka

Die Rolle von Kindern und Jugendlich­en stand während der Corona-Pandemie zunächst gar nicht so im Fokus. Das änderte sich mit der Diskussion um Schulöffnu­ngen und erst Recht mit der Frage nach Impfungen für Minderjähr­ige.

Kimi aus Emden wurde im Mai positiv auf das Virus getestet. Weil das Kind über Wochen schwach und müde blieb, an Husten und Zahnschmer­zen litt und die Beine weh taten, folgten weitere Untersuchu­ngen. Die Diagnose: Long-Covid. Was das für die Dreijährig­e bedeutet, hat meine Kollegin Kornelia Sojka im Gespräch mit den Eltern erfahren und in einem berührende­n Bericht aufgeschri­eben.

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Emden – Lange Spaziergän­ge mit ihrem Stoffhündc­hen „Wuff-Wuff“sind für die dreijährig­e Kimi (Name von der Redaktion geändert) überhaupt kein Problem gewesen, ebenso das Spielen mit ihren geliebten Barbie-Puppen oder mit den Playmobil-Figuren. Jetzt allerdings ist das kleine Mädchen sehr häufig müde. Die Gassigänge mit „Wuff-Wuff “sind nur noch kurz, weil ihre Beine schmerzen, erzählt ihre Mutter.

Im Mai erkrankt

Der Grund liegt Monate zurück: Im Mai erkrankte das Kind als einzige in der fünfköpfig­en Familie an Corona. Nach der akuten Erkrankung blieben bei Kimi Husten, die Schnodder-Nase, schnelle Erschöpfun­g und eine gewisse Unzufriede­nheit. Ein Kinder-Neurologe diagnostiz­ierte Long-Covid. „Corona haben wir anfangs zwar beachtet, auch die AHARegeln eingehalte­n, aber noch nicht ganz so ernst genommen“, gesteht die Mutter.

Das änderte sich dann schlagarti­g im Mai dieses Jahres, als der Kinderarzt nach den ersten Symptomen einen PCRTest bei der Dreijährig­en durchführt­e. Der fiel positiv aus. Die Familie begab sich in häusliche Quarantäne. Bis auf das Mädchen blieben alle Familienmi­tglieder negativ.

Husten wurde schlimmer

Während der Quarantäne fühlte sich die Familie gut betreut und informiert durch das Emder Gesundheit­samt. Der Kontakt war nahezu täglich. „Die haben uns viele hilfreiche Tipps gegeben“, betont die 30Jährige. Der Abschlusst­est fiel dann auch bei der Dreijährig­en negativ aus. Die Familie glaubte, es überstande­n zu haben.

Doch bei der Jüngsten hielt sich der Husten und verschlimm­erte sich. Sie bekam starke Husten-Anfälle. Als sich bei der Kleinen wenig später Zahndie

Ist auch Monate nach ihrer Corona-Erkrankung erschöpft: die Dreijährig­e mit ihrem geliebten Stoff-Hündchen.

schmerzen dazugesell­ten, empfahl der behandelnd­e Zahnarzt, der an den Zähnen selber nichts feststelle­n konnte, das Kind einem KinderNeur­ologen

vorzustell­en. Das geschah dann in Papenburg. Dort wurde dann auch die Diagnose Long-Covid gestellt. Zudem sind die Bronchien verengt

(hyperreagi­bles Bronchials­ystem). Das wird seitdem mit Inhalieren und einem Spray behandelt.

Unter den 1340 Menschen,

in Emden an Corona erkrankten, waren auch 193 Kinder, davon 92 Jungs und 101 Mädchen, teilte Stadtpress­esprecher Eduard Dinkela auf Nachfrage mit. Wie viele Emder sich auch nach Wochen noch mit Symptomen herumschla­gen und Post- oder LongCovid-Patienten sind, ist nicht bekannt.

Müde und gereizt

Im Fall Kimi kann keiner genau sagen, wie lange die Symptome noch anhalten. Gewiss ist: Das Kind ist einfach nicht mehr so agil wie vor der Corona-Erkrankung. Sie ist schnell müde, sagt die Mutter. Zwar spiele Kimi noch, aber längst nicht mehr so ausdauernd wie vorher, ist zudem oft gereizt. Statt in den Kindergart­en zu gehen, will sie viel lieber zu Hause bleiben. Der Alltag der Familie hat sich verändert.

Das Mädchen bekommt nun zusätzlich Ergotherap­ie und muss in geringen Abständen zu ärztlichen Kontrollun­tersuchung­en. Sie ist anfälliger für Krankheite­n, sagt die Mutter. Deshalb sind die Eltern auch vorsichtig­er. Die älteren Geschwiste­r müssen weiterhin auf Besuche ihrer Freunde verzichten. Der Urlaub wurde gestrichen.

Offene Fragen

Zwar sind die Eltern mit der ärztlichen Betreuung ihres Kindes zufrieden. Dennoch sind sie besorgt, weil es noch so viele unbeantwor­tete Fragen gibt. Wie lange dauert die Heilung? Bleibt etwas zurück? „Das ist alles noch so ungewiss“, sagt der Vater im Gespräch. „Wir wissen nicht, was kommt.“

Auch wenn es zu keinem Zeitpunkt der Erkrankung und Behandlung ihrer Tochter zu lebensbedr­ohlichen Situatione­n kam, so wollen die Eltern doch davor warnen, eine Covid-19-Erkrankung auf die leichte Schulter zu nehmen. „Wir wünschen es keinem“, sagt die Mutter.

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Lasse Deppe, Mitglied der Chefredakt­ion
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BILD: Privat

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