Nacktsein spaltet die Bundesrepublik
Warum Freikörperkultur im FKK-Ursprungsland heute gar nicht mehr so beliebt ist
Der Spielzeug-Hersteller Mattel hat eine neue Puppe zu Ehren der Impfstoff-Entwicklerin Sarah Gilbert aus Oxford entwickelt. Sie habe das erst „sehr komisch“gefunden, sagte die Forscherin, die maßgeblich den Astrazeneca-Impfstoff mitentwickelt hat. „Ich wünsche mir, dass meine Puppe Kinder auf Berufe aufmerksam macht, die sie vorher nicht kannten, wie Immunologin“, sagte die 59-Jährige. Es sei ihr ein großes Anliegen, gerade auch Mädchen für naturwissenschaftliche Berufe und die Wissenschaft zu begeistern. Die Barbie von Professorin Sarah Gilbert hat wie ihr Vorbild lange rote Haare und trägt einen schwarze Hosenanzug und eine Brille.
Italiens Modeschöpfer Giorgio Armani kann dem Kleidungsstil von Bundeskanzlerin Angela Merkel durchaus etwas abgewinnen. „Ich fand ihren Stil immer interessant, ihre maßgeschneiderten Jacketts mit dazu passenden Hosen“, sagte der 87-Jährige dem „Zeitmagazin“. Dieser Stil strahle ruhige Selbstsicherheit aus und gebe einer Frau die Möglichkeit, auf Augenhöhe mit anzugtragenden Männern in Wettbewerb zu treten, erklärte die Modelegende aus Piacenza. Für das Magazin zeichnete Armani auch einen eigenen Mode-Entwurf für Angela Merkel.
Berlin – „In jeder Welle hängt ein nackter Arsch“soll Romy Schneider nach einem Sylt-Besuch 1968 gesagt haben. Heute scheint die Freikörperkultur (FKK) weniger angesagt als damals. Oder besser formuliert: Sie spaltet. Viele lieben das Nackedei-Dasein, andere finden es abstoßend. Und auch die Corona-Pandemie zeitigt Folgen. Beim Strandbad Wannsee in Berlin heißt es zum Beispiel: „Aufgrund der aktuellen Bestimmungen können wir leider keinen FKK-Bereich anbieten.“Der 70 Jahre alte Wannsee-Schlager ist also beim online gebuchten Termin so wahr wie selten zuvor: „Pack die Badehose ein...“
Klischee stimmt
Eine Yougov-Umfrage in Kooperation mit dem Portal Statista ergab aktuell, dass sich Erwachsene in Deutschland an Orten, an denen man nackt ist, etwa am FKK-Strand oder in der Sauna, eher unwohl fühlen (36 Prozent) als wohl (28 Prozent). Der Rest meidet solche Orte grundsätzlich oder machte keine Angabe. Vor allem Frauen fühlen sich unwohl (39 Prozent); bei Männern sind es 34 Prozent. Klischeegemäß geben Ostdeutsche (36 Prozent) häufiger als Westdeutsche (26 Prozent) an, sich an Orten wie einem Nacktstrand wohl zu fühlen.
Historisch ist Deutschland eine Wiege der Nacktkultur. „Bis zur Gründung erster FKKVereine Ende des 19. Jahrhunderts im Deutschen Reich gab es im Umgang mit Nacktheit kaum Unterschiede in Europa“, sagt der Historiker Heiko Stoff von der Medizinischen Hochschule Hannover. „Die damals neue Naturismusbewegung hatte eine Botschaft. Es ging darum, systematisch am Körper zu arbeiten, das klassische griechische Modell,
Ausgerechnet im FKK-Geburtsland Deutschland spaltet der Nudismus die Gesellschaft. An hiesigen Ständen von Nord- und Ostsee scheint sich ein gewisses Unwohlsein am Nacktsein auszubreiten.
eine Art idealen Marmor-Leib, zu verwirklichen.“
Sexualität habe dabei keine Rolle gespielt, höchstens in dem Sinne, dass sich nur schöne gesunde Körper fortpflanzen sollten. „Das war damals schon sehr völkisch, im Zeitgeist der sogenannten Rassenhygiene.“Teile der Lebensreformbewegung pflegten zudem einen fatalen Antisemitismus. Dabei ging es laut Stoff zum Beispiel auch darum, Juden am beschnittenen Penis zu erkennen.
Alte Moral ablegen
In den 1920er Jahren gab es dann neben dem völkischen auch einen eher sozialistischen Nudismus. „Der geknechtete proletarische Körper sollte sich in der Nacktheit selbst bewusst werden. Man wollte die alte Moral des Kaiserreichs ablegen. Es ging um Lebensfreude.“An den Kiosken boomten in den 20ern
außerdem Nacktkulturzeitschriften. Sie waren keine Pornos, wie Stoff erläutert, aber oft am Rande der Legalität. Inszeniert wurden die Körper jetzt oft tollend am Strand statt statuenhaft.
In der Zeit des Nationalsozialismus waren viele weniger prüde, als man denkt. Ein Bestseller war zum Beispiel das FKK-Buch „Mensch und Sonne“von Hans Surén, in dem es von Nackten nur so wimmelt.
Nach 1945 bekamen FKK-Fans vielerorts in Ost und West eigene Badestrände. Ab den 60er Jahren und in den 70ern war Nacktbaden ein Trend – bei Frauen war mindestens „oben ohne“angesagt.