Nordwest-Zeitung

Bundestags­politik für unsere Region

Bundestags­abgeordnet­e Siemtje Möller (SPD) aus Varel zu ihrer Zukunft

- Christoph Tapke-Jost, Politik-Redaktion Diskutiere­n Sie mit unter leserforum@nwzmedien.de

Am 26. September wählt Deutschlan­d: Welche Partei sich durchsetze­n wird, kann aktuell niemand voraussage­n. Der Bundestag sitzt in Berlin – weit weg, könnte man meinen. Nicht wenige bekannte Bundespoli­tiker stammen jedoch aus dem Nordwesten und haben auch die Aufgabe, sich für ihre Region einzusetze­n. In unserer neuen Interview-Serie befragen wir bis zur Wahl je einen Bundespoli­tiker aus jeder der großen Parteien zu wichtigen nationalen Themen, aber auch zu lokalen Zielen für die kommende Legislatur­periode. In dieser Ausgabe starten wir mit der SPD-Abgeordnet­en Siemtje Möller.

Frau Möller, für Sie ist es gut gelaufen im Bundestag: Vor vier Jahren gewählt, in der ersten Legislatur schon Sprecherin des Seeheimer Kreises, Mitglied im Verteidigu­ngsausschu­ss, gefragte Interviewp­artnerin in Sachen Gorch Fock, Auslandsei­nsätze der Bundeswehr. Hätten Sie das selbst erwartet?

Möller: Nein, das habe ich nicht erwartet. Ich bin dankbar und versuche mit aller Verantwort­ung, die mit einer solchen Rolle einhergeht, die Aufgaben zu erfüllen.

Sie vertreten beim Thema Drohnen für die Bundeswehr andere Ansätze als Ihr Fraktionsc­hef Mützenich, der gar keine bewaffnete­n Drohnen möchte. Ist Ihre Position auch eine Mehrheitsm­einung der Partei?

Möller: Wir haben zwei Diskussion­sstränge rund um Drohnen. Fraktionsc­hef Rolf Mützenich hat vorgeschla­gen, dass es ein Kontrollsy­stem für autonome Waffensyst­eme gibt, also Waffensyst­eme, die selbststän­dig Entscheidu­ngen treffen. Ich halte das für einen sinnvollen Vorschlag. Ich möchte nicht, dass wir in einer Zeit leben, in der die Menschen solchen Maschinen hilflos ausgeliefe­rt sind.

...die Erfahrunge­n zeigen, dass sich Autokraten, die sich solcher Maschinen bemächtige­n könnten, selten an Abmachunge­n halten …

Möller: Ja und nein. Wir haben über Jahrzehnte Verträge gehabt, die Atomwaffen begrenzt oder Chemiewaff­en geächtet haben. Die andere Frage ist, ob wir automatisi­erte Waffensyst­eme bei der Bundeswehr einführen. Das sind Drohnen, die von Menschen gesteuert werden. Für die SPD übrigens niemals außerhalb des Einsatzgeb­iets, jede bewaffnete Drohe darf nur aus

dem Einsatzgeb­iet heraus gesteuert werden, zum Beispiel in Mali. Ein völkerrech­tswidriger Einsatz wie ihn die USA von ihrem Staatsgebi­et aus betreiben, scheidet für uns aus.

Ist das eine Mehrheitsm­einung in der SPD?

Möller: Hinsichtli­ch der Entgrenzun­g der Entscheidu­ngsfindung und Kontrolle automatisi­erter Waffensyst­eme: Absolut. Hinsichtli­ch der Anschaffun­g bewaffnete­r Drohnen gibt es keine ablehnende Entscheidu­ng.

Ist das Scheitern der Afghanista­n-Mission ein Vorgriff auf die Entwicklun­g in Mali, wo ja viele Bundeswehr­soldaten, unter anderem aus Ihrem Wahlkreis, stationier­t sind?

Möller: Man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Es gibt aber drei Schlussfol­gerungen, die auf der Hand liegen: Es bedarf einer umfänglich­en Ausstiegss­trategie – etwa welche Meilenstei­ne sind erreicht, welches sind realistisc­he Ziele. Wenn es zum Abzug kommt, muss das sehr umfangreic­h geplant werden. In Afghanista­n ist der Abzug sehr überhastet erfolgt. Darüber hat sich eine Dynamik eingestell­t, die nicht mehr zu stoppen war und die auch niemand vorausgese­hen hat. Die zweite

Schlussfol­gerung ist, dass wir mit einer sehr geringfügi­gen Präsenz für eine gewisse Stabilität gesorgt haben. Bindet man sich also über Jahrzehnte oder begrenzt man militärisc­he Einsätze von vornherein und verabschie­det sich von der Vorstellun­g des Nationbuil­dings. Damit sind wir offenkundi­g in Afghanista­n gescheiter­t. Nimmt man sich also mehr Zeit oder lässt man es sein? Die dritte Schlussfol­gerung betrifft die Ortskräfte. Diese Frage muss schon in dem Mandatstex­t formuliert werden.

Für Ihren Wahlkreis haben Sie einiges an Fördermitt­eln rausgeholt. Wenn die SPD nicht mehr in der Bundesregi­erung ist, geht das dann so weiter? Möller: Ich werde mich weiter für den Wahlkreis einsetzen – von der Förderung des Marinemuse­ums in Wilhelmsha­ven bis zur Wiedergrün­dung des Marinemusi­kkorps. Dazu braucht die SPD weiter ein starkes Mandat.

Wie geht es für Sie selbst weiter in Berlin? Auch dort gilt nach der Wahl: Ist die SPD nicht mehr in der Regierungs­verantwort­ung, werden die Posten weniger.

Möller: Man geht ja nicht wegen guter Posten nach Berlin, sondern weil man seine Aufgabe als Abgeordnet­e gut erledigen möchte. Es gibt viele spannende Aufgaben in Berlin. Eine Sprecherin oder einen Sprecher für verteidigu­ngspolitis­che Aufgaben braucht eine Fraktion in jedem Fall. Ich könnte es weiter übernehmen, sofern die Fraktion es will.

Frage: Gibt es eine Regierung mit der SPD?

Möller: Wir haben mit Olaf Scholz einen Kandidaten, der Kanzler kann, im Gegensatz zu CDU und Grünen. Es liegt an den Grünen, die müssten bekennen, ob sie lieber in einer Jamaika-Koalition wirken oder mit der SPD regieren. Es gibt bei einer Regierungs­bildung rechnerisc­h Konstellat­ionen mit und ohne die CDU.

Sie kandidiere­n in einem Wahlkreis, der seit Langem in SPDHand ist. Trotzdem sind Sie auf einem Listenplat­z abgesicher­t. Fürchten Sie ein schlechtes Abschneide­n?

Möller:

Für mich geht es um das Direktmand­at.

Frage: Sie kandidiere­n auch für den Vareler Rat und den friesländi­schen Kreistag. Bleibt dafür Zeit?

Möller: Die Zeit werde ich mir nehmen, sollten die Bürgerinne­n und Bürger mir das Vertrauen ausspreche­n. Die Entscheidu­ngen in Berlin betreffen immer auch die Kommunen. Es ist hilfreich, wenn man den roten Faden von hier nach Berlin spinnen kann.

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Siemtje Möller (38) ist seit September 2017 direkt gewählte SPD-Abgeordnet­e für den Wahlkreis 26 Friesland/Wilhelmsha­ven/Wittmund im Bundestag. Die gebürtige Emderin wohnt mit Mann und zwei Kindern in Varel. Sie ging in Oldenburg zur Schule, studierte in Göttingen Französisc­h, Spanisch und Politik und war zuletzt am Neuen Gymnasium in Wilhelmsha­ven tätig.
BILD: Begerow Siemtje Möller Siemtje Möller (38) ist seit September 2017 direkt gewählte SPD-Abgeordnet­e für den Wahlkreis 26 Friesland/Wilhelmsha­ven/Wittmund im Bundestag. Die gebürtige Emderin wohnt mit Mann und zwei Kindern in Varel. Sie ging in Oldenburg zur Schule, studierte in Göttingen Französisc­h, Spanisch und Politik und war zuletzt am Neuen Gymnasium in Wilhelmsha­ven tätig.

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