Mut zum Untergangsstück wird belohnt
Oldenburgisches Staatstheater startet mit „Foxfinder“glanz- und effektvoll in die neue Spielzeit
Oldenburg – Als ob es nicht schon genug geregnet hätte in diesem Sommer. Überall Wasser, und es macht alles kaputt. Mit seiner zerstörerischen Kraft steht das lebensspendende Element auch als Metapher für Katastrophen, von der Sintflut biblischen Ausmaßes über die Grote Mandränke 1219 bis zum Ahrtal-Hochwasser dieser Tage. Von Klimawandel und steigendem Meeresspiegel gar nicht zu reden. Und nun auch noch Sturzbäche auf der Bühne des Oldenburgischen Staatstheaters.
Trotz dieses durchgängig feucht-düsteren Szenarios wirkte die Premiere des Stückes „Foxfinder“von Dawn King in der Regie von Maik Priebe als Stimmungsaufheller und sorgte bei Ensemble wie Publikum für eitel Sonnenschein. Zum Start in die neue Spielzeit hielt die Inszenierung im Kleinen Haus einige Knalleffekte bereit – auch in visueller Hinsicht. Eine großartige und bemerkenswerte Leistung.
Bestens in Szene gesetzt
Bühnenbildnerin Susanne Maier-Staufen kreierte mit ihrem Team eine dystopische Landschaft, die die zugemüllten Slums der Metropolen und die folierten Spargelflächen Niedersachsens in den Köpfen vereinte. Zudem sorgte das Lichtkonzept mit Momenten totaler Finsternis auch optisch für Brüche, die das Stück episodenhaft, in „Shortcuts“aufteilte und die Szenen nachwirken ließen. Der Positionswechsel der Darstellerinnen und Darsteller verlief reibungslos, alle hatten nach wenigen Sekunden ihre Position gefunden. Was mühelos wirkte, ließ intensives Proben erahnen.
Dawn King (Jahrgang 1978) ist eine britische Dramatikerin. Ihre preisgekrönte, 2011 erschienene Dystopie spielt in
Meret Engelhardt und Klaas Schramm
einer nahen Zeit in einer uns nahen Welt. Das Stück vereint Faschismus und Diktatur, Totalitarismus und Zwangskollektivierung, Gemeinschaftszwang, Blut und Boden. Die Instrumente des Terrors und Repressalien verbreiten immer wieder Schrecken. In dieser Theaterkulisse war die Angst zum Greifen nah.
Das Bild des Vier-PersonenStückes ist schwarz-weiß. Es gibt die Guten, das Bauernpaar Judith (gespielt von Meret Engelhardt) und Samuel Covey (Klaas Schramm) und den Bösen, „Foxfinder“William Bloor (exzellent dargestellt von Manuel Thielen), sowie die Nachbarin Sarah (Nientje Schwabe), die Mitgefühl zeigt, am Ende aber doch ihre Haut retten will.
Starke Debüt-Leistungen
Die Handlung ist klassisch: Die Ernte ist schlecht, das staatliche Planziel wird verfehlt, die fiktive britische Regierung schickt einen Aufpasser, den „Foxfinder“, denn die Füchse, so lautet die Staatsraison, „sind unser Untergang“. Die Stigmatisierung einer Gattung, Rasse oder Glaubensgemeinschaft,
mit dem Ziel, sie zu verfolgen und auszurotten, ist uns ja allzu bekannt.
Das vierköpfige Ensemble sorgte dafür, dass die Figuren nicht schablonenhaft wirkten. Meret Engelhardt brillierte bei ihrem ersten Auftritt in Oldenburg mit spürbarer Zerrissenheit zwischen Opportunismus und Wagemut. Obwohl jung an Jahren, spielt Manuel Thielen die Rolle des „Foxfinders“anfangs erstaunlich abgeklärt, roh und unerbittlich. Und Klaas Schramm ist immer so gut, wie er eben ist.
Das Oldenburgische Staatstheater tat gut daran, nach der langen Pause nicht mit einer Kuschel-Rückkehr-Revue zu beginnen. Die Premiere von „Foxfinder“zeigte in herausragender Weise Theater als Mannschaftsspiel, eine kraftvolle Leistung aller Gewerke und der Nachweis, warum sich der tägliche Einsatz lohnt.