Eine schier unbegrenzte Palette an Klangfarben
Pianist Fazil Say begeistert mit intensiver Dynamik und ausdrucksstarkem Spiel
Sande/Bremen – Nur wenige Tage nach dem Klavierabend von Daniil Trifonov war mit dem türkischen Pianisten und Komponisten Fazil Say ein weiterer international gefeierter Solist beim Musikfest Bremen zu Gast.
Zuerst spielte er das A-Dur Klavierkonzert KV 414 von Mozart in der Bremer Glocke, wo zudem das von ihm selber komponierte Cellokonzert „Sahmeran“die deutsche Erstaufführung erlebte. Am nächsten Abend gestaltete er zwei Klavierabende mit einem abwechslungsreichen Programm französischer Klaviermusik im festlichen Saal des wunderschön gelegenen Wasserschlosses in Gödens.
Fazil Say zeigte sich hier als ein Pianist, dem die Gestaltung jedes einzelnen Tones wichtig ist. Manchmal dirigierte seine linke Hand und an der Geste war zu erkennen, ob ein Klang geöffnet oder geschlossen sein sollte, ob er aus der Ferne erlauscht war oder sich kernig entfaltete.
Fein ausgestaltet
Jede einzelne Melodielinie wurde bei ihm zu einem mit intensiver Dynamik dargebotenen musikalischen Ereignis. Sein ausdrucksstarkes Spiel sorgte dafür, dass die mit Trillern und Mordenten reich verzierten fünf Cembalostücke des Barockkomponisten Francois Couperin stilistisch fast nahtlos an Claude Debussys „Suite bergamasque“anknüpften. Den perlenden Läufen im Prélude setzte Say fein gestaltete Klänge entgegen und es entfaltete sich der ganze Klangfarbenreichtum diedes
ser früh-impressionistischen Musik. Darin waren die alten Tanzformen des Menuett und des Passepied genauso enthalten, wie der intensiv dargebotene Gesang der Liebenden im Mondlicht beim bekannten „Clair de lune“. Pianistisch höchste Anforderungen stellten die farbig schillernden Klangbilder „Miroirs“von Maurice Ravel. Fazil Say beeindruckte beim nächtlichen Spuk, ließ die Vögel trauern und eine Barke über die immer größer werdenden Wellen Ozeans gleiten. Nach dem vergeblichen Ständchen eines Narren endete der atmosphärisch dichte Zyklus im geheimnisvollen Tal der Glocken.
Kleiner Wermutstropfen
Ravel sagte zu seinem Werk: „Das Auge sieht nicht sich selbst, sondern durch Reflexion andere Dinge“. In diesen mannigfaltigen Spiegelbildern fühlte sich der Pianist hörbar wohl. Er entfaltete eine schier unbegrenzte Palette an Klangfarben, dynamischen Abstufungen und ausdrucksstarken Klangmomenten.
Schade nur, dass Say bei „Une barque sur l’océan“manche der höchst virtuosen Figuren der rechten Hand durch einfache Tremoli ersetzte. Kaum vorstellbar: Aber das hatte Ravel eigentlich noch komplexer komponiert.