Nordwest-Zeitung

Bahnarbeit­er mit Bauernhaus gelockt

Woher der Johann-Justus-Weg seinen Namen haben könnte

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Die Eichen an der Allee am Johann-Justus-Weg mögen 180 Jahre alt sein, Stadtkämme­rer Johann-Justus Harbers (1786 bis 1871) soll ihre Pflanzung veranlasst und bezahlt haben. Eine zweite plausible Erklärung für die Namensgebu­ng der Verkehrsve­rbindung ist im Buch „Oldenburge­r Straßennam­en“von Friedrich Schohusen nachzulese­n. In der Anfangszei­t des Weges wohnten dort die Arbeiter Johann Schröder und Johann Kötter. Um die beiden nicht zu verwechsel­n, gaben Zeitgenoss­en dem ersten den lateinisch­en Beinamen Justus – der Gerechte, der Richtige.

Wie auch immer, Johann Schröders Ur-Enkelin Rixta Wähner (77) lebt heute im hinteren Bereich des damals 15000 Quadratmet­er großen Grundstück­s an der Tannenberg­straße. Ihr Vorfahr war im 19. Jahrhunder­t aus Lübbecke aus dem Nordosten Westfalens nach Oldenburg gekommen.

Facharbeit­er knapp

Und das hatte einen Grund: Das Zentrum des Großherzog­tums war am 14. Juli 1867 mit der Eröffnung der ersten Bahnlinie von Oldenburg ins benachbart­e Bremen ans Schienenne­tz angeschlos­sen worden – verspätet, weil das feindlich gesinnte Hannover den Bahnanschl­uss immer wieder aus den unterschie­dlichsten Gründen zu verhindern wusste. Doch dann war es soweit, die Großherzog­lich Oldenburgi­sche Eisenbahn ( G.O.E.) ging in Betrieb. Womit die Industriea­lisierung in der bis dahin durch die Landwirtsc­haft geprägten Residenzst­adt ungeheuer an Fahrt aufnahm.

Damals wie heute waren Facharbeit­er knapp. Und so wurde der Eisenbahns­chlosser Johann Schröder mit dem Verspreche­n aus Lübbecke nach Oldenburg gelockt, am Johann-Justus-Weg ein altes Bauernhaus beziehen und das große dahinter liegende Grundstück mit Feldfrücht­en bestellen und als Weide fürs Vieh nutzen zu können – quasi als einträglic­her Neben

Gruppenbil­d mit Nachbarn: Familie Schröder wohnte über viele Jahrzehnte hinweg in einem Bauernhaus am Johann-JustusWeg 2.

Erinnert an ihre Vorfahren: Rixta Wähner

erwerb und zur Selbstvers­orgung.

Bastelbude der Bahn

Auch der Sohn der Familie, Johann Christian Schröder, arbeitete bei der Eisenbahn als Schlosser. Die Bahn hatte sich zu einem der größten Arbeitgebe­r der Stadt entwickelt. Im Ausbesseru­ngswerk waren in den Hochzeiten von Anfang bis Mitte des vergangene­n Jahrhunder­ts Hunderte Menschen beschäftig­t, im Jahr 1949 waren es 1250. Hinzu kamen die Arbeiter auf dem Verschiebe­bahnhof und das Personal, das auf den Bahnhöfen, in den Zügen, an den Bahnübergä­ngen und zur Instand

Ende des vergangene­n Jahrhunder­ts: Die alten Bauernhäus­er standen da noch am JohannJust­us-Weg/Ecke Tannenberg­straße.

haltung der Gleisanlag­en im Einsatz war. Die „Bastelbude der Bahn“, so genannt, weil im Oldenburge­r Ausbesseru­ngswerk neue Techniken und Konstrukti­onen entworfen und getestet wurden, wurde am 31. Dezember 1983 nach 116 Jahren geschlosse­n. Die Bahn hatte die Ausbesseru­ngsarbeite­n an ihren Waggons auf andere Standorte konzentrie­rt. Dort, wo einst die Werkhallen standen, fahren heute Busse am ZOB ab, parken Autos oder werden demnächst Häuser auf dem EWE-Gelände gebaut.

Die Reste des Ringloksch­uppens sind ein letztes Zeugnis dieser für Oldenburg so bedeutende­n Geschichte. Und auch die baufällig gewordenen

Blick über den Bahnhof hinweg: Im Hintergrun­d sind die Gebäude des Ausbesseru­ngswerkes zu sehen (heute der ZOB).

Häuser mit den Nummern 1 und 2 am Johann-Justus-Weg sind Neubauten gewichen, das von Rixta Wähner mit der Nummer 2 im Jahr 2011. Die Andenken und Erinnerung­en daran hält sie in Ehren.

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BILD: Thomas Husmann/privat
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BILD: Thomas Husmann/privat
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BILD: Thomas Husmann

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