Nordwest-Zeitung

Urlaubsgrü­ße nach 36 Jahren zugestellt

Rasteder Bodo Harms nimmt Ansichtska­rte aus Frankreich in Empfang

- Von Frank Jacob

Rastede – Die Postkarte zeigt den Blick vom Campingpla­tz Le Pin Sec im französisc­hen Departemen­t Gironde auf den Atlantik. Im Vordergrun­d sind viele Bäume zu sehen, hinten leuchtet das Blau des Meeres. So weit, so normal. Eine typische Urlaubskar­te eben.

Abgeschick­t wurde sie in einer Zeit, als solche Ansichtska­rten noch viel verbreitet­er waren als heute. Und das ist auch der Grund, weshalb sich der Rasteder Bodo Harms, der die Karte vor einigen Tagen von seinem Postboten überreicht bekam, jetzt in unserer Redaktion meldete. Abgestempe­lt wurde der Urlaubsgru­ß nämlich am 30. Juli – im Jahr 1985.

36 Jahre dauerte es also, bis die Karte jetzt in Rastede landete. Und ihre Reise ist noch nicht zu Ende. Aber von vorne. Am Freitag vor einer Woche traf Harms vor der Haustür zufällig den Postboten. Der habe dem 88-Jährigen die Karte gezeigt und gefragt: „Sind Sie das?“

Schrift erkannt

„An der Schrift habe ich sofort erkannt, wer die Karte geschriebe­n hat“, sagt Harms. Absender war seine Nichte, die noch heute so schreibe. Adressiert hatte sie die Urlaubsgrü­ße an ihren Bruder. Während sie als damals 20-Jährige den Sommer 1985 in Frankreich verbrachte, weilte ihr Bruder in Rastede. Entspreche­nd war

Vor 36 Jahren abgeschick­t: Der Rasteder Bodo Harms zeigt die Postkarte, die er jetzt zugestellt bekam.

die Karte auch adressiert. „Bei Harms“steht unter dem Namen des Bruders im Adressfeld.

„Wir lebten damals noch in der Schützenho­fstraße“, erinnert

sich Bodo Harms. Seit 18 Jahren wohnt er aber inzwischen in der Kögel-WillmsStra­ße.

Der Zusteller muss sich wohl in der Schützenho­fstra

ße umgehört haben, vermutet Harms. Sonst hätte er nicht wissen können, dass die Familie Harms schon vor Jahren umgezogen war. Auch wenn sich die neue Anschrift keine 200 Meter entfernt von der alten befindet. „Ich habe gleich gesehen, dass die Karte sehr alt sein muss“, erzählt Harms.

Alte Postleitza­hl

Da war zunächst einmal die alte, vierstelli­ge Postleitza­hl Rastedes – 2902. Seit 1993 gibt es in Deutschlan­d allerdings nur noch fünfstelli­ge Postleitza­hlen. Und frankiert war die Ansichtska­rte mit zwei FrancMarke­n im Wert von 1,70 Franc (etwa 50 Pfennig). Die alte Währung war allerdings 2002 durch den Euro abgelöst worden.

Gemeinsam entdeckten der Zusteller und Harms dann, dass im großen Stempel noch gut das Datum zu lesen ist – eben der 30. Juli 1985. „Wo steckte die Karte wohl so lange?“, fragt sich der Rasteder. Vielleicht war der Urlaubsgru­ß hinter einen Tisch oder Schrank gefallen und wurde jetzt beim Aufräumen entdeckt, vermutet Harms.

Er werde die Karte jetzt per Brief zu seiner Schwägerin nach Berlin schicken. Dort leben auch seine Nichte und sein Neffe, der den Urlaubsgru­ß eigentlich schon vor 36 Jahren hatte erhalten sollen. Harms hofft, dass die Karte nun nicht noch weitere 36 Jahre unterwegs sein wird und sagt mit einem Augenzwink­ern: „Ich mach’s wohl besser per Einschreib­en.“

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BILD: Frank Jacob
 ?? BILD: Frank Jacob ?? Abgestempe­lt am 30. Juli 1985: Die Postkarte, die Bodo Harms’ Nichte ihrem Bruder schickte.
BILD: Frank Jacob Abgestempe­lt am 30. Juli 1985: Die Postkarte, die Bodo Harms’ Nichte ihrem Bruder schickte.

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