Fahrzeuge werden zu Computern
Warum Software in der Autoindustrie immer wichtiger wird
München – „System-Aktualisierung verfügbar“. Diesen Hinweis werden in den kommenden Wochen über 140000 Besitzer eines Volkswagen-Elektroautos ID.3 oder ID.4 im Display ihres Fahrzeugs zu lesen bekommen. Beim Update 2.3 handelt es sich nicht nur um eine kleinere Aktualisierung der Navigationssoftware oder des Infotainmentsystems.
VW greift damit tief in die Funktionsweise der Elektronik der Fahrzeuge ein, ohne dass die VW-Kunden dafür eine Werkstatt aufsuchen müssen. Das Update wird über eine eingebaute Mobilfunkverbindung aufgespielt, so wie man es vom Smartphone her gewohnt ist. Andere Hersteller nutzen auch WLAN-Verbindungen für ihre Aktualisierungen.
Nicht nur Updates
Für Tesla sind Software-Updates „Over the Air“(OTA), also über eine Mobilfunkverbindung, ein alter Hut: Seit 2013 hat der Elektroauto-Pionier aus Kalifornien Erfahrungen mit der drahtlosen Softwareverteilung gesammelt. Neben reinen Fehlerbereinigungen nutzt Tesla die OTA-Updates auch für kostenlose Performance-Verbesserungen. Außerdem kann man online Zusatzfunktionen wie das Assistenzsystem „Autopilot“kostenpflichtig hinzubuchen.
Nicht nur Tesla hat hier ein gutes Geschäft entdeckt. Auch Hersteller wie Audi ermöglichen „Functions on Demand“(„Funktionen auf Abruf“). Dazu gehören LED-Matrixscheinwerfer, Fernlicht- und Park-Assistent oder zusätzliche Navigationsfunktionen, die online freigeschaltet werden. Die Unternehmensberatung McKinsey schätzt, dass OTAUpdates auch Rückrufaktionen überflüssig machen und Kosten in Milliardenhöhe eingespart werden können. Manchmal können SoftwareUpdates und Erweiterungen aber auch richtig Ärger bereiten. Nach einem Update im Jahr 2019 warfen Tesla-Fahrer dem US-Konzern vor, die Reichweite von bestimmten Modellen verringert zu haben.
Außerdem hatten sich die Ladezeiten verlängert, ohne dass die Kunden vor den Folgen des Updates ins Bild gesetzt worden seien. Tesla begründete dies mit einem notwendigen „Schutz der Batterie und Verbesserung der Akku-Lebensdauer“.
Unfertige Produkte
OTA-Updates sind aber nicht mehr nur E-Auto-Spezialisten wie Tesla oder Fahrzeugen der Premiumklasse vorbehalten. Selbst ein VW Golf 8 verfügt serienmäßig über eine Internet-Anbindung via Mobilfunk, um Daten auszutauschen.
Der ADAC sieht bei OTA-Updates indes die Gefahr, dass Autohersteller versucht sein könnten, ein noch nicht fertig entwickeltes Fahrzeug in den Verkauf zu bringen und mögliche Softwarefehler erst im Laufe der Zeit insgeheim zu entfernen.