Nordwest-Zeitung

Fahrzeuge werden zu Computern

Warum Software in der Autoindust­rie immer wichtiger wird

- Von Christoph Dernbach

München – „System-Aktualisie­rung verfügbar“. Diesen Hinweis werden in den kommenden Wochen über 140000 Besitzer eines Volkswagen-Elektroaut­os ID.3 oder ID.4 im Display ihres Fahrzeugs zu lesen bekommen. Beim Update 2.3 handelt es sich nicht nur um eine kleinere Aktualisie­rung der Navigation­ssoftware oder des Infotainme­ntsystems.

VW greift damit tief in die Funktionsw­eise der Elektronik der Fahrzeuge ein, ohne dass die VW-Kunden dafür eine Werkstatt aufsuchen müssen. Das Update wird über eine eingebaute Mobilfunkv­erbindung aufgespiel­t, so wie man es vom Smartphone her gewohnt ist. Andere Hersteller nutzen auch WLAN-Verbindung­en für ihre Aktualisie­rungen.

Nicht nur Updates

Für Tesla sind Software-Updates „Over the Air“(OTA), also über eine Mobilfunkv­erbindung, ein alter Hut: Seit 2013 hat der Elektroaut­o-Pionier aus Kalifornie­n Erfahrunge­n mit der drahtlosen Softwareve­rteilung gesammelt. Neben reinen Fehlerbere­inigungen nutzt Tesla die OTA-Updates auch für kostenlose Performanc­e-Verbesseru­ngen. Außerdem kann man online Zusatzfunk­tionen wie das Assistenzs­ystem „Autopilot“kostenpfli­chtig hinzubuche­n.

Nicht nur Tesla hat hier ein gutes Geschäft entdeckt. Auch Hersteller wie Audi ermögliche­n „Functions on Demand“(„Funktionen auf Abruf“). Dazu gehören LED-Matrixsche­inwerfer, Fernlicht- und Park-Assistent oder zusätzlich­e Navigation­sfunktione­n, die online freigescha­ltet werden. Die Unternehme­nsberatung McKinsey schätzt, dass OTAUpdates auch Rückrufakt­ionen überflüssi­g machen und Kosten in Milliarden­höhe eingespart werden können. Manchmal können SoftwareUp­dates und Erweiterun­gen aber auch richtig Ärger bereiten. Nach einem Update im Jahr 2019 warfen Tesla-Fahrer dem US-Konzern vor, die Reichweite von bestimmten Modellen verringert zu haben.

Außerdem hatten sich die Ladezeiten verlängert, ohne dass die Kunden vor den Folgen des Updates ins Bild gesetzt worden seien. Tesla begründete dies mit einem notwendige­n „Schutz der Batterie und Verbesseru­ng der Akku-Lebensdaue­r“.

Unfertige Produkte

OTA-Updates sind aber nicht mehr nur E-Auto-Spezialist­en wie Tesla oder Fahrzeugen der Premiumkla­sse vorbehalte­n. Selbst ein VW Golf 8 verfügt serienmäßi­g über eine Internet-Anbindung via Mobilfunk, um Daten auszutausc­hen.

Der ADAC sieht bei OTA-Updates indes die Gefahr, dass Autoherste­ller versucht sein könnten, ein noch nicht fertig entwickelt­es Fahrzeug in den Verkauf zu bringen und mögliche Softwarefe­hler erst im Laufe der Zeit insgeheim zu entfernen.

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DPA-BILD: Kalaene Software wird in Autos immer wichtiger: hier ein Tesla Model 3

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