Regionaler Kontrast zur Globalisierung
Erster Band der „Fünf Landgänge“präsentiert – Eine kleine Buchmesse im Oldenburger PFL
Im Nordwesten – Seit 2015 bereisen hochkarätige Schriftstellerinnen und Schriftsteller das Oldenburger Land, um ihre Beobachtungen literarisch zu verarbeiten. Aus den Texten der ersten fünf „Landgänger“ist eine Anthologie entstanden, die Monika Eden, Leiterin des Literaturhauses Oldenburg, am Sonntag im Kulturzentrum PFL vorgestellt hat. Bis auf Matthias Politycki, der in Wien weilte und per Tonaufnahme präsent war, waren alle Stipendiatinnen und Stipendiaten angereist, um aus ihren Texten zu lesen und darüber zu sprechen.
■ Matthias Politycki
„Ich finde, diesem Sog der Globalisierung, der sich auf gewisse Highlights der Welt konzentriert, muss man das altmodische Kosmopolitische entgegenhalten, also die Vielfalt der Regionen, und das beginnt eben schon innerhalb Deutschlands. Es gibt nicht nur Hamburg, München und Berlin, sondern auch wunderbare Regionen und selbst ich kenn’ die zum Teil nicht“, resümiert der Autor, der als Globetrotter bekannt ist. Er war 2015 erster Stipendiat des „Landgang“-Projekts.
■ Marion Poschmann
Sie bereiste das Land mit dem Fahrrad. Als Vorbild ihrer Prosa, in die sie Gedichte einstreute, führte sie ein Reisetagebuch des japanischen Dichters Basho (1644-94) an, der seine Erlebnisse in Versform zu Papier brachte. Monika Eden war überrascht zu erfahren, das ihr „Landgang“-Konzept von schreibenden Pilgermönchen schon vor Jahrhunderten praktiziert wurde.
■ Michael Kumpfmüller
Anders als die Vorgänger entschied er sich für einen fiktionalen Text, in dem er ein Paar in den Nordwesten schickt. Rieke, die Protagonistin des Textes, und der Erzähler lassen sich treiben. Diese vielmehr zufällige und spontane Form des Reisens schätzt der Autor auch selbst: „Einen Plan zu machen, was man alles abhaken muss, fand ich schon immer schrecklich.“
■ Mirko Bonné
Neben poetischen Prosatexten, in denen der Autor auch zahlreiche Künstler auftreten lässt, schrieb er sieben Gedichte. Bei der Buchvorstellung entschied er sich für die Lyrik. Auf die Frage, ob die Reise seine Sicht auf das Oldenburger Land verändert habe, antwortet er „Ich habe viel über das Oldenburger Land gelernt. Es ist, als würde man nicht nur ein Haus von außen sehen, sondern auch die Zimmer, den Dachboden, Keller und Garten kennenlernen.“
■ Judith Hermann
Judith Hermann ließ sich bei ihrer Reise von dem Grafiker Andreas Reiberg begleiten, der Eindrücke in Zeichnungen übersetzte. Manche Unternehmungen, räumte sie im Gespräch ein, wären womöglich allein nur schwer zu ertragen gewesen. Der Besuch einer Großschlachterei in Garrel zum Beispiel, den sie in ihrem Reiselogbuch ausführlich reflektiert und als Passage für die Lesung auswählte. Im Zusammenspiel aller Texte wurde deutlich, wie unterschiedlich die Herangehensweise der Autorinnen und Autoren als auch ihre literarischen Ergebnisse ausfallen. Schon jetzt ist ein zweiter Band geplant. Mit Iris Wolff wird im Oktober die siebte Stipendiatin ihre Erkundungstour unternehmen.