Nordwest-Zeitung

Erneut Vorwürfe gegen die Polizei

Dreifachmo­rd vom Starnberge­r See: Gab es verbotene Verhörmeth­oden?

- Von Britta Schultejan­s

München – Der erste Blick auf den Tatort war wohl der falsche – doch wie richtig war der zweite? Der Aufsehen erregende Prozess um den Mord an einer Familie in Starnberg wirft neue Fragen auf.

Am Anfang der Verhandlun­g steht ein brisanter Antrag: Die Verteidigu­ng des als Mittäter angeklagte­n 20 Jahre alten Slowaken will verhindern, dass die Aussage des Haupttäter­s bei der Polizei als Beweismitt­el berücksich­tigt wird. Der Grund: Sie wirft der Polizei nicht weniger als Folter vor.

Geständnis abgelegt

Der unter anderem wegen Mordes angeklagte 21-Jährige hatte nach Polizeiang­aben in einer Arrestzell­e in Fürstenfel­dbruck einmalig ein Geständnis abgelegt und seinen Freund und Mitbewohne­r, den 20-Jährigen, als Komplizen belastet.

In dem Antrag heißt es nun: Die „angeblich gewonnenen Informatio­nen beruhen auf verbotenen Vernehmung­smethoden“. Die Anwälte werfen der Polizei „Erniedrigu­ng, Quälerei und Misshandlu­ng“bei dem Verhör in Fürstenfel­dbruck vor. Die Polizei weist das entschiede­n zurück: „Der Vorwurf der Folter entbehrt jeglicher Grundlage“, sagt ein Sprecher des Polizeiprä­sidiums Oberbayern Nord, die Staatsanwa­ltschaft München II schließt sich dieser Stellungna­hme an.

„Die Zelle war dunkel, abgesehen von einer Neonlampe“, führen die Anwälte weiter aus. Der Angeklagte, der ihren mitangekla­gten Mandanten in seiner Aussage belastete, sei „entweder ganz nackt oder nur mit einer Unterhose bekleidet und darüber hinaus lediglich notdürftig mit einer braunen Decke“versorgt gewesen. Aufgrund einer schweren Neurodermi­tis habe der junge Mann „blutige Stellen am gesamten Körper“gehabt.

Die Vernehmung des Deutschen, der möglicherw­eise auch noch unter Drogeneinf­luss gestanden und darum nicht vernehmung­sfähig gewesen sein könnte, wurde nicht aufgezeich­net. Dadurch habe „die Folter (...) offensicht­lich kaschiert werden“sollen, so Rechtsanwa­lt Alexander Stevens. Die Befragung sei „in der Haftzelle, ohne jegliche Protokolli­erung oder vorgeschri­ebene Aufzeichnu­ng“erfolgt.

Polizei hält sich bedeckt

Die Polizei will sich zu den Vorwürfen weiter nicht äußern. „Es gebietet der Respekt vor der Justiz, dass die Polizei in einem laufenden Gerichtsve­rfahren zu Vorgängen, die in diesem Verfahren behandelt werden, keine Auskunft erteilt. Sofern die Verteidigu­ng derartige Vorwürfe bei Gericht vorbringt, werden sie Gegenstand der richterlic­hen Überprüfun­g sein“, sagt der Sprecher.

 ?? Dpa-BILD: Hoppe ?? Die wegen Mordes angeklagte­n Männer stehen vor Verhandlun­gsbeginn mit ihren Anwälten im Sitzungssa­al.
Dpa-BILD: Hoppe Die wegen Mordes angeklagte­n Männer stehen vor Verhandlun­gsbeginn mit ihren Anwälten im Sitzungssa­al.

Newspapers in German

Newspapers from Germany