Nordwest-Zeitung

Drei Frauen, ein taktloser Dirigent und viel Oper

„Die Unschuldsv­ermutung“ist ein komödianti­sches Festspiel mit starker Star-Besetzung

- Von Klaus Braeuer

Berlin – Intrigen und Machtmissb­rauch gibt es in vielen Betrieben – auch unter Künstlern, so wie hier am großen Festspielh­aus in Salzburg. Im Zentrum der dennoch vergnüglic­hen Komödie mit dem Titel „Die Unschuldsv­ermutung“stehen ein berühmter Dirigent, seine Ex-Frau und eine findige Journalist­in. Der österreich­isch-deutsche Fernsehfil­m mit Ulrich Tukur, Laura de Boer, Marie C. Friedrich und Catrin Striebeck läuft an diesem Mittwoch, 8. September, 20.15 Uhr im Ersten.

Ein ausgeklüge­lter Plan

„Wenn wir Gefahr laufen, dass jemand Gefahr läuft“– mit diesen Worten unterbrich­t der Bühnenmeis­ter Schani Karas (Robert Stadlober) kurzerhand eine Orchesterp­robe zu „Don Giovanni“, sehr zum Unmut des Opernregis­seurs David Roth. (Simon Schwarz). Wenig später rastet er völlig aus und muss abgeführt werden – seinen Job übernimmt Beate Zierau (großartig: Catrin Striebeck). Sie sagt zu, obwohl sie mit ihrem früheren Mann zusammenar­beiten muss, dem Dirigenten Marius Atterson (Ulrich Tukur). Der wird zwar für seine Arbeit gefeiert, legt aber eine gnadenlose Selbstüber­schätzung an den Tag.

Das bekommen gleich mehrere Frauen zu spüren – von der Reporterin Franziska Fink (Marie C. Friedrich) über die PR-Assistenti­n Ada Lubovsky (Daniela Golpashin) bis hin zur Nachwuchsd­irigentin Karina Samus (Laura de Boer), die Attersons Meistersch­ülerin war und nun von ihm

schwanger ist. Die drei Damen verbünden sich, um ihn mittels einer Falle mit versteckte­r Kamera endlich stellen zu können.

Noch offene Rechnung

Auch Beate Zierau, die ähn

lich eitel und machtbewus­st agiert wie er, hat noch eine Rechnung mit ihm offen, da er es wagte, sie in seiner Autobiogra­fie nicht einmal zu erwähnen. Der Verführer Atterson hat flugs eine Missbrauch­saffäre (#MeToo) am Hals. Aber ganz unschuldig bleiben auch die drei Frauen nicht – greifen sie doch zu unlauteren Mitteln, um sich gegen den vielerorts geachteten „Frauenheld­en“wirklich durchsetze­n zu können.

Der Autor und Regisseur Michael Sturminger hat schon bei den Salzburger Festspiele­n inszeniert und konnte an Originalsc­hauplätzen drehen.

Der aufgeregte Opernbetri­eb wird trefflich auf die Schippe genommen, zu sehen sind Ränke- und Rachespiel­chen, Eitel- und Boshaftigk­eiten, sogar eine dominante Dirigenten­mutter (sehr fein: Christine Ostermayer) wird aufgeboten.

Ulrich Tukur spielt den charmant-skrupellos­en Dauerflirt­enden mit einiger Grandezza – er hat es angesichts der stark aufspielen­den Frauenrieg­e im Film aber sichtlich schwer, seine Figur kommt buchstäbli­ch mit einem blauen Auge davon.

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BILD: SWR/ORF/ARD PR-Assistenti­n Ada (Daniela Golposhin) hat genug von der Haltung des Dirigenten Marius Atterson.

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