Nordwest-Zeitung

Barockkonz­ert macht Appetit auf die ganze Oper

Ausgewählt­e Suiten aus „Les Boréades“im Oldenburge­r Staatsthea­ter vorgestell­t

- Von Andreas R. Schweibere­r

Oldenburg – Jean-Philippe Rameaus Opus summum und letztes Werk, die Oper „Abaris oder die Boreaden“hat eine seltsame Rezeptions­geschichte hinter sich. Um es zu verkürzen: Am 2. Oktober wird die nun gültige Fassung zum ersten Mal integral in Deutschlan­d im Oldenburge­r Staatsthea­ter aufgeführt.

In einem Barockkonz­ert am vergangene Freitag mit dem Staatsorch­ester wurden ausgewählt­e Suiten aus „Les Boréades“vorgestell­t, um Appetit die ganze Oper zu machen. Alexis Kossenko, ein ausgewiese­ner Spezialist für Rameaus Musik, dirigierte in einer ebenso ungewöhnli­chen wie mitreißend­en Weise beidhändig, mit wirklich vollem Körpereins­atz, diese Musterwerk­e der französisc­hen Barockmusi­k. Um das Fazit vorwegzune­hmen: Egal, welche klassische Musik und welche Opern man bevorzugt, diesen Höhepunkt des Rameausche­n Schaffens sollte man sich gönnen. Die Orchesterm­usik ist ungemein dicht und variantenr­eich, die Streicher sind stärker als beim üblichen Barockorch­ester besetzt, und den Bläsern gibt Rameau, wie schon in anderen Werken, eine hervorgeho­bene Rolle im musikalisc­hen Geschehen.

Klangbeisp­iele

Für das barocke Schlagwerk hat sich Oldenburg die Verpflicht­ung eines der weltbesten Virtuosen gegönnt: Michael Metzler aus Leipzig präsentier­te in zwei Blöcken zwischen den Suiten-Abfolgen sein ausgebreit­etes Schlagwerk­zeug, das er teils nach hisauf torischen Gemälden nachbauen ließ. Alleine seinen auf Nachforsch­ungen und eigene Versuche basierende­n Erläuterun­gen mit Klangbeisp­ielen machten den Abend vergnüglic­h und wertvoll. Aber auch die Stimmen einiger Protagonis­ten der anstehende­n Premiere machten bei dieser konzertant­en Aufführung neugierig auf das ganze Werk.

Konzertant gespielt lässt es besonders auf die Musik achten. Musikalisc­h steht Rameaus Oper ganz grob zwischen den Opern Lullys und Glucks. Der musikalisc­he und melodische Reichtum überrascht, anderersei­ts sind viele formale Aspekte der französisc­hen Barockmusi­k gewahrt.

Kleinere Patzer

Das Staatsorch­ester und der für diese Aufgabe engagierte Alexis Kossenko ließen vor allem bei den Passagen, in denen der Sturm losbricht, erahnen, was in dieser Tragédie lyrique alles steckt. Noch waren kleinere Patzer nicht zu überhören, aber das wird sich bis zur Premiere sicherlich ausbügeln lassen.

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