„Schimmi-Parka“statt Boxhandschuhe
Kongeniales Duo: Schauspielerin Luise Großmann und Regisseur Torsten Rüther
Oldenburg – Die Stadt ist für sie neu, aber der Club „Polyester“hat es Schauspielerin Luise Großmann und Regisseur Torsten Rüther schon angetan. „Eine tolle Location, stilecht 70er Jahre“, lobt Rüther mit dem Kennerblick des Filmemachers. Auf ungewöhnliche Orte scheinen die beiden abonniert zu sein – ihr Werk „Leberhaken“, das am vergangenen Mittwoch das 28. Internationale Filmfest Oldenburg eröffnet hatte, spielt in einem früheren Metzgereikeller.
Dort, im tiefsten BerlinWedding, hat Luise Großmann (26) den Boxclub „Box-Kultur“entdeckt, sehr archaisch und rau, ohne Glamour, aber mit Sandsäcken aufgehängt an alten Fleischerhaken. Für den Regie-Debütanten Rüther (52) gab es als Drehort nichts besseres – Folge: Nachdem er mit der Ex-Stabhochspringerin Großmann eine sportliche Hauptdarstellerin und mit Hardy Daniel Krüger einen mimisch außergewöhnlichen Hauptdarsteller bereits gefunden hatte, konnte er ein Drehbuch schreiben für einen Boxfilm, der eigentlich keiner ist.
Sportlich herausfordernd
„Das Boxen interessiert mich herzlich wenig“, gesteht Rüther, „ich suchte ein Plattform, auf der zwei Menschen
so eine intensive Begegnung miteinander erleben können.“Für Luise Großmann war ihre erste Hauptrolle künstlerisch herausfordernd und sportlich anstrengend zugleich. „Nach
dem Dreh waren wir alle k.o., aber während der Zeit im Keller war solch eine Energie da im gesamten 30-köpfigen Team, da merkte ich davon nichts. Ohne diese Energie
funktioniert solch ein Spiel auch gar nicht.“
Eine Energie auch, die sich Zusammenspiel der erfahrenen Krüger und der jungen Großmann spiegelt. Die nervig-ehrgeizige Jungboxerin Steph und der desillusionierte Coach Rick fechten ihren Psychoduell mit Worten aus, perfekt. „Hardy und ich haben unsere Dialoge quasi organisch verwoben“, erzählt die Schauspielerin. „Es war ein wunderbares Miteinander und Ergänzen.“
Mit Beifall überschüttet
Drei Tage Dreh (unter Corona-Regeln) mit zwei Kameras ergaben am Ende sechs Rohfassungen, aus denen Cutterin Habiba Laout ein stimmiges Kunstwerk zauberte. Und der Film, bei seiner Weltpremiere in Oldenburg mit Beifall überschüttet, hallt nach. Die Pantaflix AG, eines der größten deutschen Medienunternehmen, wird „Leberhaken“ab 9. Oktober im InternetStream zeigen, und Ausnahme-Gitarrist Dominic Miller hat sein Filmmusik-Video „Steph & Rick“jetzt auf YouTube veröffentlicht.
Für Regisseur und Darstellerin steht das nächste Projekt schon bevor: die neue Fernsehserie „Seine Tochter“, ein Spinoff der berühmten „Tatort“-Reihe „Schimanski“. Ein Wechsel vom Boxhandschuh in den „Schimmi-Parka“quasi, aber vor allem ein Schritt voran für beide. Der Schub dazu kommt aus Oldenburg, „da, wo Stimmung und Atmosphäre so wunderbar waren“, schwärmt Luise Großmann.