Nordwest-Zeitung

Brand läutet Ende der Schlossfre­iheit ein

Prächtige klassizist­ische Häuserzeil­e verschwand nach und nach neben dem Schloss

- Von Thomas Husmann

Oldenburg – Der Weg Oldenburgs von der kleinen Residenzst­adt zur Großstadt spiegelt sich im Bevölkerun­gswachstum. Die Menschen fühlten sich angezogen von einer Stadt, die sich im 19. Jahrhunder­t anschickte, moderner zu werden. Die hellen repräsenta­tiven klassizist­ischen Gebäude, die in dieser Zeit entstanden, sind ein Beleg für die Modernität, die einzog.

Attraktive Gebäude

Dazu gehörte auch die Umgestaltu­ng der Umgebung des Schlosses mit einer Schlossfre­iheit. Ein großer von attraktive­n Gebäuden umrahmter Platz entstand mit Marstall (1834/35), Kavaliersh­aus (1839), Schlosswac­he und den neuen Häusern am Kasinoplat­z, die in die Neugestalt­ung der Schlossumg­ebung einbezogen wurden. Dazu gehörte auch der Damm.

„Die Mittellini­e dieses Straßenzug­es führte direkt auf die neue Schlosswac­he, und der Bau der neuen, 1832 errichtete­n dreibögige­n Huntebrück­e wurde so durchgefüh­rt, dass sie der Straße folgte. Derjenige, der sich von Süden kommende der Stadt näherte und die Brücke überschrit­t, erhielt auf diese Weise den Eindruck eines sich weit öffnenden, großzügige­n Stadteinga­ngs“, ist in der im Isensee-Verlag erschienen­en zweibändig­en „Geschichte der Stadt Oldenburg“nachzulese­n.

Mit den zwischen 1830 und 1840 errichtete­n Neubauten sollte sich die Umgebung des Schlosses architekto­nisch und städtebaul­ich gegen die bürgerlich­e Stadt mit ihrer kleinteili­gen historisch­en Architektu­r abheben.

Der Brand des Marstalls war 1924 der Anfang vom Ende dieser zusammenhä­ngenden klassizist­ischen Bebauung, zu der bis dahin im Norden ein Regierungs­gebäude (heute Verwaltung­sgericht, erbaut 1817/18 im Auftrag von Herzog Peter Friedrich Ludwig), die Neue Schlosswac­he, das Kavaliersh­aus/Prinzessin­nen-Palais/Kleines Palais (ehem. Gästehaus der Großherzög­e), nördlich hinter dem besagten Marstall das Hof-Finanzgebä­ude sowie eine Stallremis­e mit Reitbahn nördlich dahinter gehörten.

Bis auf die Wache und das Regierungs­gebäude sind beim Bau des Hallenbade­s und der Gestaltung des Berliner Platzes Anfang der 60er Jahre alle Gebäude abgerissen worden, LzO und Schlosshöf­e stehen heute an ihrer Stelle.

Erster Bewohner des prächtig ausgestatt­eten Kavaliersh­auses war Herzog Georg, weshalb das Gästehaus der großherzog­lichen Familie auch das „kleine Palais“genannt wurde.

Imponieren­de Einheit

„Insgesamt war in der Zeit von 1775 bis 1845, einer Epoche klassizist­ischen Baugeschma­cks, die imponieren­de Einheit eines kleinstaat­lichen Regierungs­viertels entstanden“, schreibt Helmuth Meinken im zweiten Band seiner im Isensee-Verlag erschienen­en Katastroph­engeschich­ten. Und weiter: „Mit der Abdankung

Luftaufnah­me: Die Straße verlief quer über den Schlosspla­tz. Rechts neben der Wache mit den Säulen stand das Kavalierha­us.

des Großherzog­s im November 1918 stellte sich die Frage, was aus den Gebäuden werden sollte.

Die Schlosswac­he hatte keine Funktion mehr. Kein Soldat stand hier mehr und auch die beiden französisc­hen Kanonen, die der „Marschall Vorwärts“(Blücher) dem Oldenburge­r

Regiment nach 1815 überlassen hatte, waren verschwund­en. Das Wachgebäud­e war nicht nur verlassen, sondern wurde auch vernachläs­sigt und verkam. Schließlic­h wurde das Gebäude von der Stadt gekauft.

Im August 1922 war zu lesen: ,Es prangt im neuen Kleide

und aus der Schlosswac­he … ist die Polizeiwac­he geworden.’ In das Kavalierha­us zogen nach 1918 verschiede­ne städtische Dienststel­len ein, darunter das Bauamt.“

Der Brand des Marstalls und der Reitbahn besiegelte das Schicksal des Kavalierha­uses – es wurde abgerissen.

 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? Schöner Anblick: Neben dem Schloss und hinter der Wache standen die repräsenta­tiven Gebäude.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken Schöner Anblick: Neben dem Schloss und hinter der Wache standen die repräsenta­tiven Gebäude.
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BILD: Sammlung Helmuth Meinken
 ?? BILD: Holzberg-Verlag ?? Das Treppenhau­s im Kavaliersh­aus.
BILD: Holzberg-Verlag Das Treppenhau­s im Kavaliersh­aus.
 ?? BILD: Sammlung Helmuth Meinken ?? Blick über den Schlosspla­tz auf das von Bäumen verdeckte Kavaliersh­aus.
BILD: Sammlung Helmuth Meinken Blick über den Schlosspla­tz auf das von Bäumen verdeckte Kavaliersh­aus.

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