Brand läutet Ende der Schlossfreiheit ein
Prächtige klassizistische Häuserzeile verschwand nach und nach neben dem Schloss
Oldenburg – Der Weg Oldenburgs von der kleinen Residenzstadt zur Großstadt spiegelt sich im Bevölkerungswachstum. Die Menschen fühlten sich angezogen von einer Stadt, die sich im 19. Jahrhundert anschickte, moderner zu werden. Die hellen repräsentativen klassizistischen Gebäude, die in dieser Zeit entstanden, sind ein Beleg für die Modernität, die einzog.
Attraktive Gebäude
Dazu gehörte auch die Umgestaltung der Umgebung des Schlosses mit einer Schlossfreiheit. Ein großer von attraktiven Gebäuden umrahmter Platz entstand mit Marstall (1834/35), Kavaliershaus (1839), Schlosswache und den neuen Häusern am Kasinoplatz, die in die Neugestaltung der Schlossumgebung einbezogen wurden. Dazu gehörte auch der Damm.
„Die Mittellinie dieses Straßenzuges führte direkt auf die neue Schlosswache, und der Bau der neuen, 1832 errichteten dreibögigen Huntebrücke wurde so durchgeführt, dass sie der Straße folgte. Derjenige, der sich von Süden kommende der Stadt näherte und die Brücke überschritt, erhielt auf diese Weise den Eindruck eines sich weit öffnenden, großzügigen Stadteingangs“, ist in der im Isensee-Verlag erschienenen zweibändigen „Geschichte der Stadt Oldenburg“nachzulesen.
Mit den zwischen 1830 und 1840 errichteten Neubauten sollte sich die Umgebung des Schlosses architektonisch und städtebaulich gegen die bürgerliche Stadt mit ihrer kleinteiligen historischen Architektur abheben.
Der Brand des Marstalls war 1924 der Anfang vom Ende dieser zusammenhängenden klassizistischen Bebauung, zu der bis dahin im Norden ein Regierungsgebäude (heute Verwaltungsgericht, erbaut 1817/18 im Auftrag von Herzog Peter Friedrich Ludwig), die Neue Schlosswache, das Kavaliershaus/Prinzessinnen-Palais/Kleines Palais (ehem. Gästehaus der Großherzöge), nördlich hinter dem besagten Marstall das Hof-Finanzgebäude sowie eine Stallremise mit Reitbahn nördlich dahinter gehörten.
Bis auf die Wache und das Regierungsgebäude sind beim Bau des Hallenbades und der Gestaltung des Berliner Platzes Anfang der 60er Jahre alle Gebäude abgerissen worden, LzO und Schlosshöfe stehen heute an ihrer Stelle.
Erster Bewohner des prächtig ausgestatteten Kavaliershauses war Herzog Georg, weshalb das Gästehaus der großherzoglichen Familie auch das „kleine Palais“genannt wurde.
Imponierende Einheit
„Insgesamt war in der Zeit von 1775 bis 1845, einer Epoche klassizistischen Baugeschmacks, die imponierende Einheit eines kleinstaatlichen Regierungsviertels entstanden“, schreibt Helmuth Meinken im zweiten Band seiner im Isensee-Verlag erschienenen Katastrophengeschichten. Und weiter: „Mit der Abdankung
Luftaufnahme: Die Straße verlief quer über den Schlossplatz. Rechts neben der Wache mit den Säulen stand das Kavalierhaus.
des Großherzogs im November 1918 stellte sich die Frage, was aus den Gebäuden werden sollte.
Die Schlosswache hatte keine Funktion mehr. Kein Soldat stand hier mehr und auch die beiden französischen Kanonen, die der „Marschall Vorwärts“(Blücher) dem Oldenburger
Regiment nach 1815 überlassen hatte, waren verschwunden. Das Wachgebäude war nicht nur verlassen, sondern wurde auch vernachlässigt und verkam. Schließlich wurde das Gebäude von der Stadt gekauft.
Im August 1922 war zu lesen: ,Es prangt im neuen Kleide
und aus der Schlosswache … ist die Polizeiwache geworden.’ In das Kavalierhaus zogen nach 1918 verschiedene städtische Dienststellen ein, darunter das Bauamt.“
Der Brand des Marstalls und der Reitbahn besiegelte das Schicksal des Kavalierhauses – es wurde abgerissen.