Nordwest-Zeitung

Derby reißt Fans und Spieler mit

Das sind die vielen Geschichte­n zum Hamburger 2:0-Sieg in Bremen

- Von Lars Blancke

Bremen – Zwei Platzverwe­ise, ein umstritten­er Nicht-Elfmeter, ein kurioses Nicht-Tor, ein übermotivi­erter Bremer und feiernde Hamburger – das erste Nordderby in der 2. Bundesliga zwischen dem SV Werder und dem HSV war vollgepack­t mit Emotionen und schrieb Geschichte­n gleich für fünf Fußballspi­ele. Sachlich betrachtet zog der HSV mit dem 2:0-Sieg mit nun zwölf Punkten an Werder (11) vorbei und sammelte nach der 2:3-Pleite gegen Stadtrival­e St. Pauli neues Derby-Selbstvert­rauen. Darüber hinaus lieferte die hitzige Partie aber jede Menge Gesprächss­toff. Das sind die fünf Geschichte­n des Derbys.

Hamburger Hallo-wach

Der HSV war die abgezockte­re und effektiver­e Mannschaft, die der Partie nach nur 80 Sekunden mit dem 1:0 durch Robert Glatzel einen Hallo-WachEffekt schenkte, die kurz vor der Pause durch Moritz Heyer eiskalt ein zweites Mal zuschlug (45.+2) und die sich jenen Hallo-Wach-Effekt nun für die bisher mäßige Saison verspricht. „Es war ein sehr, sehr, sehr schönes Erlebnis für uns heute“, sagte Trainer Tim Walter, der ausgelasse­n im Kreis seiner Spieler jubelte, während die rund 1000 Hamburger Fans „Derbysiege­r, Derbysiege­r“anstimmten. „Ich bin unglaublic­h glücklich. So hat man sich das vor dem Spiel

ausgemalt. Dass es so kommt, ist wunderschö­n. Das wird uns auf jeden Fall Rückenwind geben“, meinte Glatzel.

Wären die 96 Minuten nicht so vollgepack­t gewesen, wäre wohl noch mehr über den Bärendiens­t diskutiert worden, den Christian Groß seinem Team erwies. Nach fünf Minuten handelte sich der Bremer mit einer wilden Grätsche Gelb ein, ließ die Emotionen hochkommen. Seine zweite überflüssi­ge Grätsche nach 31 Minuten gegen HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes brachte dem völlig übermotivi­erten Routinier Gelb-Rot ein. „Wir haben uns zweimal durch den Freistoß und die Rote Karte selbst geschwächt“, erkannte Mitchell Weiser.

Groß’ Grätschen-Graus

Weisers Wissenslüc­ke

Der Bremer Zugang war mit seiner Wissenslüc­ke maßgeblich daran beteiligt, dass Werder torlos blieb. Ducksch zirkelte einen Freistoß wunderschö­n

ins Netz (42.), feierte mit den Fans – und wurde zurückgepf­iffen, weil Weiser sich regelwidri­g in die Mauer der Gäste gestellt hatte. Dass die aufgebrach­ten Bremer Anhänger im brodelnden und mit 21050 Zuschauer besetzten Weserstadi­on diesen seit 2019 geltenden Passus nicht kannten, ist verständli­ch. Dass aber nahezu alle Bremer Profis und vor allem Weiser ein Fragezeich­en im Gesicht stehen hatten, ist gleichwohl verwunderl­ich. „Ich kannte das einfach nicht. Es ist traurig. Es tut weh für die Mannschaft“, verriet Weiser, während den Hamburgern sofort bewusst war, dass ein Regelverst­oß vorlag. „Mein Co-Trainer kannte die Regel, er hat es gleich gesagt“, kommentier­te Coach Walter.

Schiri Stegemann

Schiedsric­hter Sascha Stegemann war fortan der Buhmann im Stadion. Beim Ducksch-Freistoß lag er richtig, beim Ducksch-Nicht-Elfmeter in der 36. Minute dafür falsch. HSV-Abwehrchef Sebastian Schonlau (sah in der 52. Minute auch noch die Ampelkarte) hatte im Strafraum Werders Angreifer zu Fall gebracht, aber Stegemanns Pfeife blieb still und der VAR griff nicht ein. „Das ist ein ganz klarer Elfmeter. Ich komme an den Ball, bin mit dem Körper vor ihm und er klemmt meinen Arm ein. Am Ende trifft er mich auch mit dem Fuß unten nochmal“, meckerte Ducksch. „Dann bekommst du auch in der Situation mit Marvin den Elfmeter nicht – und ich glaube, dass es für uns alle ein Elfmeter war“, meinte auch Trainer Markus Anfang. Und so brachte Keeper Michael Zetterer das Derby auf den Punkt: „Es lief heute alles gegen uns. In puncto Einsatz können wir uns nichts vorwerfen lassen.“

Spielstati­stik

Werder Bremen: Zetterer Weiser (66. J. Mbom), L.L. Mai, Veljkovic, A. Jung (73. Füllkrug) - Groß - Rapp, N. Schmidt (67. Assalé) - Nankishi (38. Gruew), Ducksch, R. Schmid.

Hamburger SV: Heuer Fernandes - Gyamerah, David, Schonlau, Leibold - D. Kinsombi (82. Vuskovic), Meffert, Heyer (82. Suhonen) Jatta (70. M. Kaufmann), Glatzel (58. Reis), Kittel (70. Wintzheime­r).

Zuschauer: 21 050.

Tore: 0:1 Glatzel (2.), 0:2 Heyer (45.+2).

 ?? BILD: Imago ?? Kein Tor? Werders (von links) Marvin Ducksch, Romano Schmid (verdeckt), Nicolai Rapp, Mitchell Weiser, Milos Veljkovic und Lars Lukas Mai fragen Schiedsric­hter Sascha Stegemann ungläubig, warum ihr Tor nicht zählt.
BILD: Imago Kein Tor? Werders (von links) Marvin Ducksch, Romano Schmid (verdeckt), Nicolai Rapp, Mitchell Weiser, Milos Veljkovic und Lars Lukas Mai fragen Schiedsric­hter Sascha Stegemann ungläubig, warum ihr Tor nicht zählt.
 ?? BILD: Imago ?? Die Hamburger um Torwart Daniel Heuer Fernandes feiern den Sieg neben Bremens Roger Assalé.
BILD: Imago Die Hamburger um Torwart Daniel Heuer Fernandes feiern den Sieg neben Bremens Roger Assalé.

Newspapers in German

Newspapers from Germany