So entsteht eine Chipfabrik
Warum der Aufbau von Kapazitäten so aufwendig ist
Neubiberg/Villach – Seit Monaten bremst der Chipmangel weltweit das Wirtschaftswachstum. Vor allem Autound Elektroindustrie leiden dem Ifo-Institut zufolge unter dem Halbleitermangel. Und immer wieder stehen deswegen Bänder still.
Firmen kämpfen darum, die begehrten Halbleiter in ausreichenden Mengen kaufen zu können. Wer keine langlaufenden Verträge hat, muss teils hohe Preise zahlen. Auf einen gut bezahlten Mangel reagiert der Markt normalerweise mit einem Ausbau der Produktion. Dass das nicht so einfach ist, lässt sich am Beispiel von Infineons neuester Chipfabrik zeigen.
Graduell hochgefahren
Der Dax-Konzern aus Neubiberg bei München eröffnete im österreichischen Villach jetzt offiziell sein neuestes Werk. Der Bau ist gut gelaufen, war sogar ein paar Monate schneller als ursprünglich geplant. „Das Timing könnte nicht besser sein, es ist perfekt, die Kunden reißen uns die Chips aus der Hand“, sagte Vorstandsmitglied Jochen Hanebeck bei der Eröffnung.
Doch als Anfang 2018 die Entscheidung zu dem Bau fiel, war die aktuelle Entwicklung alles andere als absehbar. Im Mai 2019 begannen die Bauarbeiten, die Produktion startete bereits Anfang August dieses Jahres – und in diesen Tagen kommen nun die ersten Chips aus der Fertigung.
Gut dreieinhalb Jahre liegen dazwischen. Dabei gelten
Chipfabriken als sogenannte Fast-Track-Projekte, sagt Andreas Wittmann, Projektleiter für den Bau in Villach. Aufgrund des sehr hohen Kapitaleinsatzes muss dabei der Bau besonders schnell umgesetzt werden. Die Fabrik in Villach kostet 1,6 Milliarden Euro. Doch bis die Fabrik ihre volle Kapazität erreicht, wird es ebenfalls noch einige Jahre dauern. Dass Fabriken graduell hochgefahren werden, sei
in der Halbleiterbranche üblich, erklärt Wittmann.
Schon der Bau ist allerdings nicht banal, denn eine Chipfabrik stellt hohe Anforderungen an die Räume. Weil ein Staubkorn im Vergleich zu den Strukturen auf einem Chip riesig ist, würde es ihn unbrauchbar machen. Daher entstehen Halbleiter in Reinräumen. 1000 Partikel dürfen dort in 28 Litern Luft sein. Das ist ein Hundertstel dessen, was in rei
ner Gebirgsluft ist, sagt Thomas Reisinger, Vorstandsmitglied bei Infineon Österreich. Permanent fließt gefilterte Luft in den Räumen durch Lochdecken von oben nach unten. Auch Wasser, Gase und Chemikalien müssen hochrein sein.
Hochreine Strukturen
Weil die Strukturen so winzig sind, darf in der Fabrik zudem nichts wackeln. Maschinen sind daher schwingungsfrei aufgestellt, Wasserleitungen werden so montiert, dass sie Vibrationen nicht übertragen. Und vor allem gibt es sehr viel Beton – der Inhalt von 7800 großen Mischlastern wurde verbaut. Die Decken sind 1,20 Meter dick, denn die Masse dämpft Schwingungen.