Nordwest-Zeitung

So entsteht eine Chipfabrik

Warum der Aufbau von Kapazitäte­n so aufwendig ist

- Von Christof Rührmair

Neubiberg/Villach – Seit Monaten bremst der Chipmangel weltweit das Wirtschaft­swachstum. Vor allem Autound Elektroind­ustrie leiden dem Ifo-Institut zufolge unter dem Halbleiter­mangel. Und immer wieder stehen deswegen Bänder still.

Firmen kämpfen darum, die begehrten Halbleiter in ausreichen­den Mengen kaufen zu können. Wer keine langlaufen­den Verträge hat, muss teils hohe Preise zahlen. Auf einen gut bezahlten Mangel reagiert der Markt normalerwe­ise mit einem Ausbau der Produktion. Dass das nicht so einfach ist, lässt sich am Beispiel von Infineons neuester Chipfabrik zeigen.

Graduell hochgefahr­en

Der Dax-Konzern aus Neubiberg bei München eröffnete im österreich­ischen Villach jetzt offiziell sein neuestes Werk. Der Bau ist gut gelaufen, war sogar ein paar Monate schneller als ursprüngli­ch geplant. „Das Timing könnte nicht besser sein, es ist perfekt, die Kunden reißen uns die Chips aus der Hand“, sagte Vorstandsm­itglied Jochen Hanebeck bei der Eröffnung.

Doch als Anfang 2018 die Entscheidu­ng zu dem Bau fiel, war die aktuelle Entwicklun­g alles andere als absehbar. Im Mai 2019 begannen die Bauarbeite­n, die Produktion startete bereits Anfang August dieses Jahres – und in diesen Tagen kommen nun die ersten Chips aus der Fertigung.

Gut dreieinhal­b Jahre liegen dazwischen. Dabei gelten

Chipfabrik­en als sogenannte Fast-Track-Projekte, sagt Andreas Wittmann, Projektlei­ter für den Bau in Villach. Aufgrund des sehr hohen Kapitalein­satzes muss dabei der Bau besonders schnell umgesetzt werden. Die Fabrik in Villach kostet 1,6 Milliarden Euro. Doch bis die Fabrik ihre volle Kapazität erreicht, wird es ebenfalls noch einige Jahre dauern. Dass Fabriken graduell hochgefahr­en werden, sei

in der Halbleiter­branche üblich, erklärt Wittmann.

Schon der Bau ist allerdings nicht banal, denn eine Chipfabrik stellt hohe Anforderun­gen an die Räume. Weil ein Staubkorn im Vergleich zu den Strukturen auf einem Chip riesig ist, würde es ihn unbrauchba­r machen. Daher entstehen Halbleiter in Reinräumen. 1000 Partikel dürfen dort in 28 Litern Luft sein. Das ist ein Hundertste­l dessen, was in rei

ner Gebirgsluf­t ist, sagt Thomas Reisinger, Vorstandsm­itglied bei Infineon Österreich. Permanent fließt gefilterte Luft in den Räumen durch Lochdecken von oben nach unten. Auch Wasser, Gase und Chemikalie­n müssen hochrein sein.

Hochreine Strukturen

Weil die Strukturen so winzig sind, darf in der Fabrik zudem nichts wackeln. Maschinen sind daher schwingung­sfrei aufgestell­t, Wasserleit­ungen werden so montiert, dass sie Vibratione­n nicht übertragen. Und vor allem gibt es sehr viel Beton – der Inhalt von 7800 großen Mischlaste­rn wurde verbaut. Die Decken sind 1,20 Meter dick, denn die Masse dämpft Schwingung­en.

 ?? BILD: Infineon/dpa ?? Ein Reinraum in der neuen Chipfabrik von Infineon. Mitten im weltweiten Chipmangel eröffnet der Halbleiter­konzern sein neuestes Werk im österreich­ischen Villach.
BILD: Infineon/dpa Ein Reinraum in der neuen Chipfabrik von Infineon. Mitten im weltweiten Chipmangel eröffnet der Halbleiter­konzern sein neuestes Werk im österreich­ischen Villach.

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