Kanzler – oder Rückzug
Welche Optionen Armin Laschet und seine Union nach der Wahl haben – Drei Szenarien
Berlin – Es ist eine Schicksalswahl für Kanzlerkandidat Armin Laschet und seine Partei. Liegt die Union bei der Bundestagswahl tatsächlich so weit hinter der SPD, wie sich in Umfragen derzeit abzeichnet, könnte das Ende seiner langen politischen Karriere schon an diesem Sonntagabend besiegelt sein. Doch der oft unterschätzte NRW-Ministerpräsident setzt darauf, dass die Union am Ende doch noch vor der SPD ins Ziel kommt. Diese Szenarien sind denkbar:
1.
Die Union liegt weit hinter der SPD Dass Laschet sich als CDUChef halten kann, wenn er das Projekt Machterhalt vergeigt und die Union nach der Ära von 16 Jahren Angela Merkel aus dem Kanzleramt fliegt, glauben etliche in der Unionsspitze nicht. Sollte bereits am Sonntag klar sein, dass die Union in der Opposition landet, „werden schon am Abend die Messer ausgepackt“, erwartet ein erfahrener CDU-Mann. Nach einem Rücktritt als Parteichef wäre für Laschet zudem wohl auch der Rückweg als Regierungschef nach Nordrhein-Westfalen verschlossen.
Wer in diesem Fall neu an die CDU-Spitze rücken würde, ist offen. Nicht ausgeschlossen, dass der im Ringen um den Parteivorsitz bereits zweimal gescheiterte Friedrich Merz einen neuen Anlauf nehmen würde. Hinter vorgehaltener Hand heißt es aber auch: Müsse die CDU in die Opposition, sei ein Generationenwechsel unausweichlich. Da werden dann etwa Jens Spahn und Norbert Röttgen genannt.
Einen Machtkampf erwarten manche in der Partei auch um den Unionsfraktionsvorsitz. In der Opposition wäre dieses Amt eines der wichtigsten, das die Union zu besetzen hat. Der amtierende Fraktionschef Ralph Brinkhaus hat bereits erklärt, er wolle gern weitermachen. Aber auch Spahn könnte nach dem Amt greifen.
2.
Die Union liegt knapp hinter der SPD In diesem Fall werde SPDKanzlerkandidat Olaf Scholz mit den Sondierungen für eine Regierung unter seiner Führung beginnen – mit Grünen
und FDP sprechen und auch mit den Linken reden, erwarten die Strategen in der Union. Im Fall eines Wimpernschlag-Ergebnisses sei aber auch möglich, dass Laschet mit Sondierungen beginne. Womöglich schon am Wahlabend könnte es ein Telefonat mit FDP-Chef Christian Lindner geben.
Doch Laschet müsste zunächst wohl erst einmal abwarten, ob Scholz tatsächlich ein Ampel-Bündnis schmiedet oder ob er, wie von der Union an die Wand gemalt, eine rotgrün-rote Regierung bilden will. Sollten solche Verhandlungen am Ende scheitern, könne die Stunde Laschets doch noch kommen, hoffen manche in der CDU. Seine
Machtoption dürfte dann in einem Jamaika-Bündnis mit Grünen und FDP liegen. Gut möglich, dass Laschet in diesem Fall selbst zum Fraktionsvorsitz greift, um sich ein starkes Mandat für die Verhandlungen zu sichern.
3.
Die Union liegt knapp vor der SPD Dass die Union am Sonntag weit vor der SPD ins Ziel kommt, glaubt so gut wie niemand bei den Konservativen. Doch würden CDU/CSU am Ende auch nur knapp vor der SPD liegen, gilt dies für Laschet als aussichtsreichste Variante, das Kanzleramt doch noch zu verteidigen. Hat er aber eine Machtoption, dürften die zahlreichen internen
Kritiker zunächst stillhalten, glauben auch dem Aachener nicht unbedingt wohl gesonnene Parteifreunde.
In der Union hat Laschet einen Ruf als erfahrener Verhandler, der in NordrheinWestfalen gezeigt hat, dass er mit der FDP als Juniorpartner auch per Ein-Stimmen-Mehrheit im Landtag regieren kann. Lindner und seine FDP wollten zwar unbedingt auch im Bund regieren – aber am liebsten mit der Union, hoffen sie zumindest dort. Und auch die Grünen könnten sich womöglich besser in einer JamaikaKoalition profilieren als in einer Regierung mit SPD und der Linkspartei, lautet eine Kalkulation der CDU-Strategen.