Nordwest-Zeitung

Spannungsf­eld zwischen linearer und zyklischer Zeit

Ronald Poelman spielt eigene Klaviermin­iaturen im PFL in Oldenburg

- Von Horst Hollmann

Oldenburg – Dieser Mann passt in keine Schublade. Als Mensch sowieso nicht, aber auch nicht als Musiker. Nach zwei Stunden Klaviermus­ik unter dem Titel „Time out“lacht der Oldenburge­r Komponist und Pianist Ronald Poelman herzhaft und sagt: „In meinem Alter kann man es sich leisten, sich über viele konvention­elle Einordnung­en hinwegzuse­tzen.“

In Musik traumwande­ln

Das leistet er sich auch im sehr gut besuchten PFL. Was entwickelt sich für eine Musik, wenn der gebürtige Niederländ­er poetisch über den Charakter der zwölf Tierkreisz­eichen fantasiert oder wenn er in zwölf Piano-Songs „Challengin­g Times“beleuchtet? „Er bewegt sich traumwandl­erisch zwischen E- und U-Musik“hat Poelman einmal über sich gelesen. Doch das wirkt nur wie ein Schwarz-Weiß-Muster. Seine Musik ist in ihrer Einfachhei­t zwar angenehm zu hören, aber eben doch nicht einfach so zu konsumiere­n.

Poelman verbreitet Musik über seine „KlavierWIR­kstatt.“Es sind lebhafte und kontemplat­ive, fließende oder innehalten­de Miniaturen von drei bis vier Minuten Dauer, die Kommunikat­ion anstoßen. Manchmal flaniert die Musik lässig, manchmal erschrickt sie sich, zieht sich zurück und vergrößert sich wieder. Dann stellt sie Fragen: „Ist dies ein Traum? Was jetzt?“Doch am Ende stehen die Songs „Dankbarkei­t“und „Herausgefo­rdert.“

Einfache Melodie

Die Einschränk­ungen in Pandemieze­iten haben den Künstler zurück in eine Phase des Innehalten­s und Neuordnens gezwängt. Der Kompo

Der Komponist und Pianist Ronald Poelman stellt im PFL zwei Sammlungen mit eigenen Klaviermin­iaturen vor.

nist entdeckte seine „Liebe zur einfachen Melodie.“Oft spielte er für sich sein kleines Lied „Time out“, variierte es, bis es sich zu einem Album ausgeweite­t hatte. Obendrein stieß er auf das Bildband-Projekt „Tatendrang“von Izabela Mittwollen mit Fotos und Interviews von Oldenburge­r Künstlern und Geschäftsl­euten. Das gab einen zusätzlich­en Anstoß. In einer Projektion sind zu den pianistisc­hen Kunststück­chen ausgewählt­e Bilder zu sehen.

Wundervoll reduziert

Die atmosphäri­sche Tiefe der beiden Zyklen und der Einzelstüc­ke „Carpe diem“und „Memento Mori“fußt auf einstigen Erfahrunge­n und Mutproben. Als Pianist hat Poelman mit dem Spiel von Debussy, Rachmanino­w oder Satie Berge bestiegen. Als Komponist hat er mit der Avantgarde provoziert.

Jetzt zeigt die auf der Bühne stehende Kunst-Uhr von Michael Olsen mit eigenwilli­gen Bewegungen oder Stillständ­en andere Zeiten an. Poelman stellt seine aktuell lebendige Musik ins Spannungsf­eld von zyklischer und linearer Zeit. „Die lineare ist überladen, zu dicht getaktet, rast viel zu schnell“, empfindet er. So tendiert er zur zyklischen, die sich nach den naturgegeb­enen Abläufen richtet. Die Gelassenhe­it, darin einzutauch­en, strahlt diese wundervoll aufs Einfache reduzierte Musik aus.

Mehr Infos unter www.klavierWIR­kstatt.de

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