Nordwest-Zeitung

Laschet verweigert sich der Realität

- Von Hermann Gröblingho­ff

Eine Szene aus dem Wahlkampf war bezeichnen­d für Armin Laschet. Auf die Frage, welche drei Punkte ihm politisch wichtig seien, fielen ihm nur zwei ein. „Digitalisi­erung“finde er sehr wichtig. Zudem wolle er Bürokratie abbauen. Bei der Nachfrage nach einem dritten Punkt musste er passen: „Joa, was machen wir noch ...“, so seine Antwort.

Diese Begebenhei­t macht das Dilemma der Union und somit von Laschet deutlich. Niemand wusste wirklich, was die CDU will. Die Grünen hatten das Klima als Wahlkampfh­it, die SPD den Mindestloh­n, die FDP die Digitalisi­erung. Der Union fiel nur der Griff in die Mottenkist­e ein, indem sie vor Rot/ Grün/Rot warnte. Eigene Ideen für die Zukunft? Fehlanzeig­e!

Die Quittung für diese Einfallslo­sigkeit haben die Wählerinne­n und Wähler der CDU und ihrem Kandidaten nun ausgestell­t. Doch offenbar wollen das einige in der Partei, allen voran Laschet selbst, nicht anerkennen. Der Vorsitzend­e hält trotz allem daran fest, durch ein Jamaika-Bündnis die eigene politische Karriere retten zu können. Aus Laschets persönlich­er Sicht mag das noch verständli­ch sein, denn er weiß ganz genau, dass ihm ansonsten das politische Aus droht.

Gefragt ist jetzt allerdings seine Partei. Jemand muss Laschet klarmachen, dass es vorbei ist. Denn sollte Jamaika noch zustande kommen, wäre die Union darin so geschwächt, dass Grüne und FDP die CDU in den Schatten stellen würden. Zudem gelänge den Christdemo­kraten in einer Regierung die dringend notwendige inhaltlich­e und personelle Neuaufstel­lung kaum in erforderli­chem Maße.

Erkannt hat die missliche Lage, in der die Union steckt, übrigens CSU-Chef Markus Söder. Nach kurzer Bedenkzeit verneinte er ganz klar einen Machtanspr­uch von CDU/CSU. Der Mann denkt langfristi­g: In vier Jahren wird aller Voraussich­t nach im Bund wieder gewählt. Dann könnte Söders Chance aufs Kanzleramt neu aufleben.

@ Den Autor erreichen Sie unter Groeblingh­off@infoautor.de

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