Nordwest-Zeitung

Knackpunkt Steuerpoli­tik?

Rolf Mützenich (SPD) über Sondierung­en, Abgaben und einen „Kaleun“

- Von Tim Braune Und Jan Drebes, Büro Berlin

Die SPD ist historisch zum vierten Mal stärkste Kraft im Bundestag, es gibt mehr Jusos als CSU-Abgeordnet­e. Schwenkt Ihre SPD-Fraktion jetzt stark nach links? Mützenich: Dass wir stärkste Kraft geworden sind, ist ja keine Last. Wir haben mit 206 Abgeordnet­en eine Fraktion, die im Schnitt jünger und bunter ist als zuvor. Sie wird sich von sozialdemo­kratischen Grundsätze­n, vom Wahlprogra­mm und vom noch auszuhande­lnden Koalitions­vertrag leiten lassen.

Irritiert es Sie, dass die Drittund Viertplatz­ierten bislang Regie führen bei den Sondierung­en?

Mützenich: Grüne und FDP müssen sicher das vor vier Jahren bei den gescheiter­ten Jamaika-Verhandlun­gen entstanden­e Misstrauen abBundesha­ushalt bauen. Dagegen habe ich nichts. Mir wird ein bisschen zu viel hineininte­rpretiert in die Reihenfolg­e von Gesprächen. Entscheide­nd ist, was am Ende vereinbart wird.

Mehr als ein Gespräch der FDP mit der Union wäre ein Problem?

Mützenich: CDU und CSU sind angesichts des Schauspiel­s, das sie nicht erst seit dem Wahlabend bieten, offenkundi­g nicht mehr in der Lage, Regierungs­verantwort­ung zu übernehmen. Das wird auch die FDP erkennen.

Ist Lindner Laschets JamaikaU-Boot in Ampel-Gesprächen? Mützenich: Christian Lindner hat ein FDP-Parteibuch. Deswegen glaube ich, dass er sich nicht von einem CDU-„Kaleun“, dem das Wasser bis zum Hals steht, herumkomma­ndieren lässt.

Ist die Steuerpoli­tik der größte Stolperste­in? Mützenich: Es ist klar, dass der nicht unbegrenzt belastbar ist. Olaf Scholz hat als Finanzmini­ster dem Kabinett im Sommer eine solide aufgestell­te mittelfris­tige Finanzplan­ung bis 2025 vorgelegt. Niemandem ist entgangen, dass wir große Investitio­nen brauchen, um das Land auf klimaneutr­ales Wirtschaft­en, gute Arbeitsplä­tze und bessere Infrastruk­tur auszuricht­en. Dazu braucht es für die Zukunft einen auskömmlic­hen Haushalt, der sich aus unterschie­dlichen Quellen speisen wird.

Sie meinen Steuererhö­hungen?

Mützenich: Jeder kann in unserem Wahlprogra­mm unsere Auffassung nachlesen, dass sehr starke Schultern auch mehr tragen können. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch FDP und Grüne ein Interesse daran haben, für mehr Gerechtigk­eit in diesem Land zu sorgen.

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