Knackpunkt Steuerpolitik?
Rolf Mützenich (SPD) über Sondierungen, Abgaben und einen „Kaleun“
Die SPD ist historisch zum vierten Mal stärkste Kraft im Bundestag, es gibt mehr Jusos als CSU-Abgeordnete. Schwenkt Ihre SPD-Fraktion jetzt stark nach links? Mützenich: Dass wir stärkste Kraft geworden sind, ist ja keine Last. Wir haben mit 206 Abgeordneten eine Fraktion, die im Schnitt jünger und bunter ist als zuvor. Sie wird sich von sozialdemokratischen Grundsätzen, vom Wahlprogramm und vom noch auszuhandelnden Koalitionsvertrag leiten lassen.
Irritiert es Sie, dass die Drittund Viertplatzierten bislang Regie führen bei den Sondierungen?
Mützenich: Grüne und FDP müssen sicher das vor vier Jahren bei den gescheiterten Jamaika-Verhandlungen entstandene Misstrauen abBundeshaushalt bauen. Dagegen habe ich nichts. Mir wird ein bisschen zu viel hineininterpretiert in die Reihenfolge von Gesprächen. Entscheidend ist, was am Ende vereinbart wird.
Mehr als ein Gespräch der FDP mit der Union wäre ein Problem?
Mützenich: CDU und CSU sind angesichts des Schauspiels, das sie nicht erst seit dem Wahlabend bieten, offenkundig nicht mehr in der Lage, Regierungsverantwortung zu übernehmen. Das wird auch die FDP erkennen.
Ist Lindner Laschets JamaikaU-Boot in Ampel-Gesprächen? Mützenich: Christian Lindner hat ein FDP-Parteibuch. Deswegen glaube ich, dass er sich nicht von einem CDU-„Kaleun“, dem das Wasser bis zum Hals steht, herumkommandieren lässt.
Ist die Steuerpolitik der größte Stolperstein? Mützenich: Es ist klar, dass der nicht unbegrenzt belastbar ist. Olaf Scholz hat als Finanzminister dem Kabinett im Sommer eine solide aufgestellte mittelfristige Finanzplanung bis 2025 vorgelegt. Niemandem ist entgangen, dass wir große Investitionen brauchen, um das Land auf klimaneutrales Wirtschaften, gute Arbeitsplätze und bessere Infrastruktur auszurichten. Dazu braucht es für die Zukunft einen auskömmlichen Haushalt, der sich aus unterschiedlichen Quellen speisen wird.
Sie meinen Steuererhöhungen?
Mützenich: Jeder kann in unserem Wahlprogramm unsere Auffassung nachlesen, dass sehr starke Schultern auch mehr tragen können. Ich bin fest davon überzeugt, dass auch FDP und Grüne ein Interesse daran haben, für mehr Gerechtigkeit in diesem Land zu sorgen.