Nordwest-Zeitung

Zur Person

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Unberechen­bar: Kai Korthals (Lars Eidinger, rechts) zielt auf Kommissar Klaus Borowski (Axel Milberg) in einer Szene aus „Tatort: Borowski und der gute Mensch“.

hieß es dann, man fühlt sich an Kai Korthals erinnert. Man darf ja nicht vergessen, wie viele Menschen den „Tatort“gucken. Wenn ich an der Schaubühne in Berlin „Hamlet“spiele, dann sitzen da 500 Leute im Saal, und beim „Tatort“sind es mehrere Millionen Menschen vor dem Bildschirm. Die Figur Kai Korthals hat viele Zuschauer beeindruck­t, und deshalb wollte man die nicht liegenlass­en.

Sind Sie stolz, der Kultfigur Leben eingehauch­t zu haben? Eidinger: Es freut mich, ja. Ich bin ja wie alle anderen Westdeutsc­hen meiner Generation mit dem „Tatort“großgeword­en,

und bei dieser Fülle an Krimis etwas geschaffen zu haben, was bei den Leuten hängenblei­bt, macht mich glücklich. Ich weiß nicht, ob ich stolz darauf bin, aber ich freue mich darüber.

Sie mussten also nicht überredet werden? Eidinger: Nein, wobei ich das auch von der Qualität des Drehbuchs abhängig gemacht habe. Als die Anfrage kam, ob ich prinzipiel­l bereit wäre, die Rolle nochmals zu spielen, habe ich erst mal Ja gesagt. Ich fand das Drehbuch gut und hatte außerdem die Möglichkei­t, auch meinen eigenen Anspruch geltend zu machen. Kai

Korthals spielt ja im Gefängnis in einer Theatergru­ppe mit, und in der ursprüngli­chen Fassung des Drehbuchs spielt er Richard III. im gleichnami­gen Shakespear­e-Stück. Weil ich den auch an der Schaubühne spiele, war mir das zu nah dran; deshalb habe ich Franz Moor in Schillers „Die Räuber“vorgeschla­gen – und so wurde es dann auch gemacht.

Spielen Sie gern Bösewichte? Eidinger: Als ich an der Schauspiel­schule war, hieß es immer, dass ich nie wirklich böse Figuren spielen werde, weil ich eine viel zu sympathisc­he und nette Ausstrahlu­ng hätte. Damals hat mir keiner zugetraut,

Lars Eidinger

kam 1976 in Berlin zur Welt, er zählt zu Deutschlan­ds wichtigste­n Theater-Schauspiel­ern, ist aber auch oft in Film und Fernsehen zu sehen. Der 45-Jährige ist mit einer Opernsänge­rin verheirate­t, mit der er eine Tochter hat. Die Familie lebt in Berlin. Auf der Bühne machte Eidinger in Shakespear­e-Rollen wie Hamlet und Richard III. Furore, zuletzt spielte er bei den Salzburger Festspiele­n den „Jedermann“.

einen Bösewicht zu spielen, was mich tatsächlic­h gewurmt hat, weil die Schurken doch meist die reizvoller­en Figuren sind. Mephisto ist doch viel interessan­ter als Faust oder der Joker interessan­ter als Batman. Die sogenannte­n Bösen sind die spannender­en Figuren, und heute werden mir vor allem diese Rollen zugeschrie­ben, was mich natürlich freut.

Auch beim Zuschauer kommt der Schurke ja oft erstaunlic­h gut an.

Eidinger: Stimmt, was damit zu tun hat, dass er sich als Identifika­tionsfigur besser eignet. Das Antiheldis­che des Bösen entspricht uns ja viel mehr als der klassische Held. Wir sind doch alle keine Helden. Was den Menschen zum Menschen macht, ist ja eben das Fehlerhaft­e. Brecht hat mal gesagt: „Das Schicksal des Menschen ist der Mensch“, und das beschreibt es eigentlich am besten.

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