Explosive Lage in der CDU
Bei den Sondierungsgesprächen in Berlin zeigt sich eine verkehrte Welt. Dort wedelt derzeit der Schwanz mit dem Hund – sprich: Die kleineren Parteien zeigen den vermeintlich großen, wer eigentlich das Sagen hat. Die Ausgangslage ist klar: Die SPD braucht Grüne und FDP für eine Ampel-Koalition, die Union plant mit Grünen und Liberalen eine Jamaika-Regierung. Nun geht es darum, wer Christian Lindner bzw. Annalena Baerbock und Robert Habeck das beste Angebot macht.
Um die Stimmungslage zu erahnen, muss man sich nur die Reaktionen nach dem Sondierungstreffen von Union und FDP am Sonntag zu Gemüte führen. Details des Treffens gelangten trotz zuvor vereinbarter Vertraulichkeit an die Öffentlichkeit, was vor allem von den Grünen prompt kritisiert wurde. Zweierlei lässt sich daraus folgern: Die Baerbock-Partei hat eine klare Präferenz für die Ampel; zudem gibt es in der CDU massive Kräfte, die offenbar gegen Jamaika agitieren.
Deren Ziel ist klar: Sie wollen den gescheiterten KanzlerKandidaten und Parteivorsitzenden Armin Laschet stürzen und selbst an die Hebel der Macht in der CDU kommen. Ob nun Friedrich Merz, der den Traum vom Parteivorsitz immer noch in seinem Herzen trägt, oder zahlreiche jüngere Kräfte wie etwa Jens Spahn, Junge-Union-Chef Tilman Kuban oder auch Carsten Linnemann von der Union-Mittelstandsvereinigung – sie alle wollen auf der parteiinternen Karriereleiter nach oben klettern. Und die besten Chancen hätten sie, wenn alles ordentlich kracht und die Machtverhältnisse neu justiert würden.
Diese Gemengelage beweist: Die CDU ist derzeit nicht regierungsfähig. Sie muss zunächst intern ordnen, wer das Sagen hat, bevor sie wieder die Regierung im Land übernimmt. Und sollte es Laschet wider Erwarten doch noch ins Kanzleramt schaffen und somit vorerst seine politische Karriere retten, wäre er nicht in der Lage, das Land in erforderlichem Maße nach vorne zu bringen. Der Aachener wäre von vornherein geschwächt, er müsste sich gegen interne Attacken wehren und würde zum Spielball seiner Koalitionspartner. Doch für derartiges Fingerhakeln ist die nächste Legislaturperiode zu entscheidend. Deutschland kann sich keinen Kanzler leisten, der mehr mit dem eigenen Machterhalt als mit innovativem und kraftvollem Regieren beschäftigt ist.
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