Nordwest-Zeitung

Technische­r K.o.

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Der blamable Totalausfa­ll der Netzwerk-Supermacht Facebook samt seiner Dienste Instagram und WhatsApp fügt dem ohnehin lädierten Ruf des Unternehme­ns eine neue Facette hinzu: Der Riese ist nicht nur in höchstem Maße fragwürdig, er ist auch verwundbar. Das war ein technische­r K.o., im direkten Wortsinn. Allein das Privatverm­ögen Mark Zuckerberg­s soll in den wenigen Stunden des Ausfalls um mehrere Milliarden geschrumpf­t sein, von Ausfällen im Rest der Welt ganz zu schweigen.

Der Niederschl­ag kam nur wenige Stunden nach einem anderen Wirkungstr­effer, den die frühere Mitarbeite­rin Frances Haugen dem Unternehme­n in der Interview-Sendung „60 Minutes“verpasst hat: Facebook stelle bewusst den Profit über die Sicherheit der Nutzer und befeuere deshalb ganz gezielt Wut und Hass. Gestern sagte Haugen im Unteraussc­huss des US-Senats über den Schutz junger Nutzer aus. Sollten die Enthüllung­en der Whistleblo­werin letztlich beweisen, dass Facebook bewusst auch zum Schaden Jugendlich­er Geschäfte macht, verliert das Unternehme­n auch den letzten moralische­n Rückhalt.

Nicht, dass es bislang an Skandalen gefehlt hätte. Man denke an die Cambridge-Analytica-Affäre, bei der FacebookDa­ten für Wahlkampfz­wecke missbrauch­t wurden. Der hochtechni­sierten Hexenküche sozialer Medien stellen sich immer häufiger Beiträge klassische­r Aufklärung entgegen: Wie Algorithme­n so ausgericht­et wurden, dass Nutzer sich systematis­ch in sogenannte­n „rabbit holes“(Kaninchenb­auten) verquerer Theorien verirren, zeigt etwa die Netflix-Doku „Das Dilemma mit den sozialen Medien“sehr anschaulic­h, auch dank der Aussagen mehrerer früherer Mitarbeite­r.

Wir wissen, dass die Macht, die Facebook durch Instagram und Whatsapp auf sich vereint, zum Problem geworden ist. Anläufe, diese unheilige Dreieinigk­eit zu zerschlage­n, sind längst keine Theorie mehr. Der Totalausfa­ll zeigt: Das Netzwerk ist auch sich selbst zum Problem geworden. Eine Zerschlagu­ng ist überfällig.

@ Den Autor erreichen Sie unter ebbers@infoautor.de

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