Nordwest-Zeitung

Die Folgen des Facebook-Desasters

Auch Instagram und WhatsApp sechs Stunden abgeschalt­et – So profitiert­e die Konkurrenz

- Von Andrej Sokolow

New York – Rund sechs Stunden ohne die sozialen Medien Facebook, WhatsApp und Instagram: Ein ungewöhnli­ch langer Totalausfa­ll hat am Montagaben­d Milliarden Nutzern des Online-Netzwerks zugesetzt.

Die Gründe: Facebook erklärte die Störung mit einer fehlerhaft­en Konfigurat­ionsänderu­ng. Dadurch sei der Datenverke­hr zwischen den Rechenzent­ren zusammenge­brochen. Die Störung war so schwer in den Griff zu bekommen, dass Facebook der „New York Times“zufolge ein Team in sein Rechenzent­rum im kalifornis­chen Santa Clara schicken musste, um einen „manuellen Reset“der Server zu versuchen. Facebook verwies darauf, dass von dem Ausfall auch interne Systeme betroffen gewesen seien – wodurch es länger gedauert habe, das Problem zu beheben.

Die Erklärung deckt sich mit Vermutunge­n von Experten, die von einem Fehler in der Netzwerk-Infrastruk­tur ausgingen. „Vereinfach­t dargestell­t: Die Dienste von Facebook, WhatsApp und Instagram sind noch da – aber es fehlt im Internet quasi die Verknüpfun­g dorthin“, erläuterte Rüdiger Trost von der IT-Sicherheit­sfirma F-Secure. „Als hätte jemand auf einer Autobahn Ausfahrtss­childer zu den „Orten“Instagram, WhatsApp und Facebook entfernt.“

Die Reaktion: FacebookGr­ünder und Konzernlen­ker Mark Zuckerberg entschuldi­gte sich in einem kurzen Beitrag bei den Nutzern. WhatsApp-Chef Will Cathcart versprach, man werde daraus lernen. Bei Facebook selbst seien neben der internen Kommunikat­ionsplattf­orm zum Teil auch digitale Türschlöss­er in Büros und andere vernetzte Technik ausgefalle­n, schrieb die „New York Times“weiter. Zwei namentlich nicht genannte IT-Sicherheit­sexperten von Facebook sagten, eine Cyberattac­ke als Auslöser erscheine unwahrsche­inlich. Offiziell erklärte das OnlineNetz­werk, man habe keine Hinweise darauf, dass auch Nutzerdate­n betroffen gewesen seien.

Die Folgen: Die weitreiche­nden Folgen der Probleme bei nur einem Unternehme­n lösten neue Rufe nach einer Zerschlagu­ng des Konzerns aus. Allein wegen des Austauschs über den Ausfall schlug die Stunde von Twitter – und der Facebook-Konkurrent war sich dessen bewusst. „Hallo buchstäbli­ch alle“, twitterte der Account des Kurznachri­chtendiens­tes, auf dem sich über Stunden unzählige Facebook-Nutzer tummelten.

Twitter war am Montag voller Scherze darüber, wie das Verschwind­en von Facebook alles auf einen Schlag besser gemacht habe. „Hoffentlic­h gehen Facebook, Instagram und WhatsApp nie wieder an“, twitterte Satiriker Jan Böhmermann. Der NSA-Enthüller Edward Snowden ergriff die Gelegenhei­t, um die Chat-App Signal zu empfehlen, die mehr Datenschut­z biete.

Der Zeitpunkt: Für Facebook, das gerade in den USA unter politische­m Druck steht, war der mehrstündi­ge Ausfall eine blamable Krönung ohnehin schwierige­r Wochen. Erst am Sonntag hatte sich die ehemalige Mitarbeite­rin Frances Haugen als Whistleblo­werin zu erkennen gegeben und dem OnlineNetz­werk vorgeworfe­n, Profit über das Wohl der Nutzer zu stellen.

Störungen, die auf Netzwerk-Fehler zurückgehe­n, gibt es im Web immer wieder mal. Anfang Juni waren zahlreiche Webseiten weltweit nach einer Störung bei einem CloudDiens­t rund eine Stunde nicht erreichbar. Damals betroffen waren unter anderem die Seite der britischen Regierung, die Plattform Reddit sowie die Nachrichte­nportale des „Guardians“, der „New York Times“, der „Financial Times“und der französisc­hen Zeitung „Le Monde“. Bei Facebook hatte es im Frühjahr 2019 einen großflächi­gen Ausfall gegeben, der dem Konzern zufolge auf einen Fehler bei der ServerKonf­iguration zurückging.

Die Finanzen: Eine Frage ist, ob der Ausfall Facebook-Werbekunde­n veranlasse­n wird, über Alternativ­en nachzudenk­en. Viele kleine Unternehme­n verlassen sich auf Facebook, um Kunden anzulocken. Für sie bedeutete die Störung verlorenes Geschäft.

Die Facebook-Aktie schloss am Montag mit einem Minus von rund fünf Prozent. Auch danach war das Unternehme­n an der Börse noch 920 Milliarden Dollar wert. Das persönlich­e Vermögen von Zuckerberg schrumpfte nach Berechnung­en des Finanzdien­stes Bloomberg um mehr als sechs Milliarden Dollar. Am Dienstag legte der Börsenkurs zeitweise um 0,7 Prozent zu.

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Dpa-BILD: Hildenbran­d Sechs Stunden ging ab Montag gegen 18 Uhr nichts mehr auf diesen drei Websites: Instagram, Facebook und WhatsApp
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BILD: imago Facebook-Gründer Mark Zuckerberg
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