Nordwest-Zeitung

Odyssee nach falschem Positiv-Ergebnis

Sandkruger­in muss zu Unrecht in Quarantäne – Fehler bei Übermittlu­ng des Tests

- Von Imke Harms

Sandkrug – Ist es Corona oder nur eine Erkältung? Diese Frage stellt sich Angelika Schmidt (Name von der Redaktion geändert) Anfang August, kurz bevor sie wegen einer Vorsorgeun­tersuchung zum Arzt muss. „Ich hatte Husten. Also habe ich vorsorglic­h einen Selbsttest gemacht“, berichtet die Sandkruger­in (Gemeinde Hatten/Landkreis Oldenburg). Sie habe mit Heuschnupf­en zu kämpfen, weswegen Husten bei ihr keine Seltenheit seien. Geimpft ist sie bereits doppelt mit Biontec. „Aber man hört ja immer wieder, dass man sich trotzdem anstecken kann, also wollte ich sichergehe­n.“Der Selbsttest zeigt negativ an – kein Corona. Oder?

Dass diese Frage ihre nächsten Wochen bestimmen sollte, weiß die Sandkruger­in zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Also weiter in der Geschichte: „Am nächsten Tag habe ich aber sogar Fieber bekommen, fühlte mich richtig elend und bin nochmals zum Arzt gefahren“, sagt Schmidt. Der diagnostiz­iert nach mehreren Untersuchu­ngen eine Lungenentz­ündung, verschreib­t ein Antibiotik­um – fertigt zur Vorsicht zudem noch einen PCRTest auf das Coronaviru­s an und will sich melden, falls dieser Abstrich positiv ausfallen sollte. Der Anruf kommt nicht. Also kein Corona. Oder?

Besuch beim Hausarzt

Besuch der Polizei

Zu Hause ruht sich Angelika Schmidt aus, am kommenden Tag fühlt sie sich schon besser, das Medikament schlägt an. Aber dann: „Mein Mann werkelte

im Garten, kam zu mir ins Wohnzimmer und sagte: Draußen steht die Polizei für dich. Die Beamten haben ein Schreiben für dich dabei. Ich habe mich richtig erschrocke­n“, weiß Angelika Schmidt noch.

Der Inhalt des Briefes von der Polizeista­tion Wardenburg: „Der Landkreis Oldenburg hat uns mitgeteilt, dass ihr Corona-PCR-Test positiv ausgefalle­n ist. Sie haben sich in häusliche Quarantäne zu begeben. Diese Anordnung gilt auch für andere Mitglieder ihres Hausstande­s.“

Verwirrung im Hause Schmidt. Aber es ist Samstag, der Hausarzt, der den PCR-Test abgestrich­en hatte, ist nicht erreichbar. „Montags habe ich den gleich kontaktier­t und bin Dienstag erneut in die Praxis gefahren.“Weil Angelika

Schmidt geimpft ist, kann die Quarantäne nach fünf Tagen beendet werden – sofern ein negativer PCR-Test vorgelegt werden kann. Den will der Hausarzt machen. „Und dann hat er mir mitgeteilt, dass auch der erste Test schon negativ gewesen ist.“Der Verwirrung­sstatus steigt. Schmidt hat Sorge, dass Testergebn­isse vertauscht wurden und jemand, der wirklich mit SarsCoV-2 infiziert ist, nun einen Negativ-Bescheid erhalten haben könnte.

Wie es dazu kam

Ein Anruf beim Landkreis Oldenburg bringt Licht ins Dunkel. Dieser lässt sich über DEMIS (Deutsches Elektronis­ches Melde- und Informatio­nssystem für den Infektions­schutz), ein Meldesyste­m des

Robert Koch-Institutes (RKI) von Laboren die positiven Testergebn­isse übermittel­n. Im Falle von Angelika Schmidt ist dabei etwas schief gelaufen. Der PCR-Test war bei der ersten Untersuchu­ng des Labors zunächst „uneindeuti­g“, wie einem Schreiben zu entnehmen ist. Sofort stößt das DEMIS jedoch automatisc­h die Positiv-Meldung an den Landkreis an. Die erneute Untersuchu­ng der Probe brachte dann allerdings das Negativ-Ergebnis zutage, das dann auch dem Hausarzt von Angelika Schmidt zugespielt wurde. Der sah also keinen Handlungsb­edarf, das Gesundheit­samt war aber davon ausgegange­n, dass Schmidt Corona hat. Jetzt, da der Fehler klar ist, erhält die Sandkruger­in den Aufhebungs­bescheid der Quarantäne. Genesenenn­achweis „Für mich war die Sache erledigt“, sagt Schmidt. Weit gefehlt. Anfang September flattert erneut ein Brief ins Haus. Enthalten ist ein Genesenenn­achweis und die Informatio­n: „Hiermit übersenden wir Ihnen die Bescheinig­ung über eine durchgemac­hte Infektion mit dem Coronaviru­s.“Unterschri­eben ist das Papier von derselben Mitarbeite­rin im Kreis-Gesundheit­samt wie der Aufhebungs­bescheid für die fälschlich­erweise angeordnet­e Quarantäne zwei Wochen zuvor. Nach einem Anruf sicherte man Schmidt zu, nachzufors­chen, wie das passieren konnte und sich wieder zu melden. Darauf wartet sie noch heute. Sie kann nur noch mit dem Kopf schütteln. In ihren Augen hat der Kreis die Angelegenh­eit nicht gut geregelt.

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BILD: dpa Positiv oder negativ: Bei einer Sandkruger­in war das Ergebnis eines PCR-Tests uneindeuti­g. Deshalb schickte man sie in Quarantäne. Mit dem Coronaviru­s war sie aber nicht infiziert.

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