Corona-Pandemie vermiest Fans (noch) die Laune
Viele Bundesliga-Clubs bekommen ihre Stadien nicht voll – Experten gehen von Rückkehr aus
München – Choreografierter Dauergesang der Ultras, Schmährufe in Richtung Gästeblock oder grölende Fans auf den Stehplätzen – seit Pandemiebeginn suchten Deutschlands Fußballprofis meist vergeblich nach lebendiger Fankultur. Doch der „Flickenteppich an Restriktionen“, wie Borussia Dortmunds Ultra-Gruppe „The Unity“zuletzt titelte, weicht langsam auf. Immer mehr Fans dürfen zurück in die Stadien. Sie dürfen – müssen aber nicht.
Die vergangenen Spieltage haben gezeigt, dass die Kontingente vielerorts nicht ausgeschöpft werden.
Angst vor Ansteckung
Nur 12 845 von 18 000 erlaubten Zuschauern sahen am Wochenende die Partie des VfL Wolfsburg gegen Borussia Mönchengladbach vor Ort. Ähnliche Bilder zuletzt bei Hertha BSC und 1899 Hoffenheim – ins Stadion der Kraichgauer kamen gegen Union Berlin, Mainz 05 und Wolfsburg sogar nur etwas über 8000 Zuschauer, 15 000 waren zugelassen. Bei einem erheblichen Teil der Tickets dürfte es sich zudem um Sponsorenti
gehandelt haben.
Vorgeschriebene Tests oder die Maskenpflicht scheinen viele „konsumorientierte Fußballfans“abzuschrecken, meint Volker Goll von der Koordinationsstelle Fanprojekte (KOS). Eine repräsentative Untersuchung des Meinungsinstituts Bundesliga-Barometer stützt die These. Rund 25 Prozent sprachen sich gegen einen Stadionbesuch aus, weil sie „Angst vor Ansteckung“hätten, etwa jeder Fünfte begründete seine Abwesenheit mit „Maskenpflicht und Abstandsregel“.
Neben den sogenannten Event-Fans herrscht auch bei den Ultras Unmut. Die Gründe: eine verschärfte Auslegung der Ticket-Personalisierung oder die Auswirkungen der Corona-Beschränkungen. Der BVB gehe leider nicht mit dem besten Beispiel voran und schaffe durch die 2G-Regelung eine noch größere Hürde für den Stadionbesuch, schreibt etwa „The Unity“.
Prioritäten-Verschiebung
Trotz der Empörungswelle in Teilen der Fan-Szene ist sich Goll sicher, dass „die meisten gerne wieder hingehen“, sobald die Beschränkungen wegfallen. Denn eine Verschieckets bung der Prioritäten habe in dieser Fangruppe wohl nicht stattgefunden. Mit Blick auf die Gesamtheit aller StadionBesucher spricht Sportwissenschaftler Harald Lange von der Uni Würzburg hingegen schon von einer Prioritäten-Verschiebung. „Viele Fans haben gemerkt, dass es ganz andere Möglichkeiten gibt, Freizeit zu verbringen“, sagt Lange.
Aber wenden sich die Fans deshalb dauerhaft vom Fußball ab? Nein. Lange glaubt an die Fan-Rückkehr, aber: „je länger die temporäre Abwendung dauert, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie zu einer dauerhaften wird.“