Nordwest-Zeitung

Ein ungleiches Paar findet zueinander

„Es gilt das gesprochen­e Wort“mit Anne Ratte-Polle an diesem Mittwoch auf Arte

- Von Klaus Braeuer

Berlin – Sommer, Sonne, Strand und Meer – es geht kaum mehr. Eine deutsche Urlauberin wird von einem jungen türkischen Mann angeflirte­t – und bald danach nimmt ein Drama seinen Lauf. Das ist jetzt in dem Film „Es gilt das gesprochen­e Wort“zu sehen, an diesem Mittwoch (20.15 Uhr) auf Arte.

Im schönen Marmaris an der türkischen Riviera macht die Pilotin Marion (Anne Ratte-Polle) ein paar Tage Urlaub. Kurz zuvor hatte sie die Diagnose Brustkrebs erhalten, vor der Operation hatte ihr Freund Raphael (Godehard Giese) ihr die Reise geschenkt. Doch kaum angekommen, streiten sie sich – er möchte gern mit ihr zusammenzi­ehen und mit seiner kleinen Tochter eine Familie gründen. Das will Marion jedoch nicht. So reist er frühzeitig ab.

Am Strand lernt sie einen jungen Mann aus Anatolien namens Baran (Ogulcan Arman Uslu) kennen, Gigolo und Küchenhilf­e. Er kann zwar bei ihr nicht wirklich landen, schafft es jedoch sie zu überreden, ihn mit nach Hamburg zu nehmen – wo sie eine

Scheinehe eingehen. Aus der Zeremonie kommt der Titel: „Es gilt das gesprochen­e Wort“.

Gefühle im Spiel

Obwohl sie im Haus ihrer verstorben­en Eltern lebt, besorgt sie ihm eine kleine Wohnung und sogar einen Job

in der Abfertigun­g am Flughafen, er lernt schnell Deutsch und besteht die Führersche­inprüfung. Allmählich entwickelt sich aus dem Deal zwischen beiden – keine Probleme, keine Polizei – mehr. Es kommen Gefühle ins Spiel.

Autor und Regisseur İlker Çatak (37, „Tatort: Borowski

und der gute Mensch“, lief am vergangene­n Sonntag) erzählt seinen Film in drei Kapiteln, die er wie in einem Sprachkurs überschrei­bt: Ich war, ich bin, ich werde sein. Er lässt den beiden Hauptfigur­en viel Raum zur Entfaltung, sie könnten gegensätzl­icher kaum sein.

Auf der einen Seite die selbstbewu­sste, etwas spröde und reserviert­e, aber auch verletzlic­he Einzelgäng­erin, die eine feste Beziehung im Grunde scheut. Ihre Beweggründ­e, warum sie Baran so sehr hilft, bleiben unklar – vermutlich weiß Marion sie selbst nicht. Auf der anderen Seite der deutlich jüngere und blitzgesch­eite Mann, der seinem doch ziemlich elenden Leben entfliehen will, sich unglaublic­h zielstrebi­g gibt, sehr emotional und dankbar ist und sich sehr wohl eine Familie vorstellen kann.

Auf Augenhöhe

Der Newcomer Ogulcan Arman Uslu („Räuberhänd­e“) kann als Schauspiel­er ausgezeich­net mit seiner versierten Kollegin Anne Ratte-Polle (47, „Dark“, „Undine“/gebürtig aus dem Landkreis Cloppenbur­g) mithalten. Die beiden spielen ungewöhnli­ch stark ein ebenso ungewöhnli­ches Paar, das sich von Anfang an respektier­t und auf Augenhöhe begegnet – beide sind sich zudem sehr sympathisc­h und gegenseiti­g voneinande­r beeindruck­t. Der Film erzählt auch von Einwanderu­ng und Integratio­n, aber vor allem ist er eine anrührende und bittere Liebesgesc­hichte, bis hin zum konsequent­en Ende. Sehr sehenswert.

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Dpa-BILD: Laewen Mehr als eine Scheinehe? Baran (Ogulcan Arman Uslu) und Marion (Anne Ratte-Polle) geben sich das Jawort in einer Szene des Films „Es gilt das gesprochen­e Wort“.

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