Ins Amt nur als ehrlicher Makler
Der Wahlsieger Olaf Scholz fällt bislang mit bemerkenswerter Demut auf. Das ist klug. So üppig ist der SPD-Erfolg nicht. So unberechenbar bleibt das Kühnert-Lager.
Die Zerfallserscheinungen in der Union stärken Scholz‘ Verhandlungsposition. Dazu kommen seine Erfahrung, Härte und Ruhe. 2015 ermahnte Scholz seine depressive Partei zur „strategischen Geduld“. Er schmiedete da bereits einen Schlachtplan für die Zeit nach Merkel: „Olaf 21“. Sein 2017 erschienenes Buch „Hoffnungsland“liest sich wie eine vorbereitete Regierungserklärung. Im Geiste eines Karl Popper betont Scholz darin: „Wir dürfen nicht abwarten, bis uns die Umstände das Handeln aufzwingen, sondern müssen handeln, um die Umstände zu prägen.“
Klimaschutz, Asyl, Wohnraum, Bildung, Mindestlohn, Steuern, Infrastruktur. Alle Kernpunkte, über die Scholz jetzt mit Baerbock, Habeck, Lindner & Co. verhandelt, hat er als Hamburger Bürgermeister zum Teil erfolgreich umgesetzt. Ist eine Ampel damit gesetzt? Ein Risiko des Scheiterns bleibt.
Und Scholz selbst trägt es in sich. Im Wahlkampf trat er wie verwandelt auf. Der Scholzomat bekam ein Gefühls-Update. Aber die Grünen trauen der Metamorphose nicht so recht. Aus gutem Grund.
Katharina Fegebank hat in Hamburg einen oft herablassenden Regierungschef erlebt. Winfried Kretschmann kann berichten, wie der Finanzminister im Ringen um den CO2Preis einmal ein Papier mit grünen Vorschlägen zerknüllte. So etwas brennt sich ein.
Die langen Koalitionsfindungsnächte kommen erst noch, in denen es um Leuchttürme, Minister und Milliarden geht. Wenn es Spitz auf Knopf steht, können persönliche Animositäten den Unterschied ausmachen.
Jamaika scheiterte 2017 auch, weil Merkel Lindner verhungern ließ. Olaf Scholz wird nur als ehrlicher Makler Kanzler dieses Landes. @ Den Autor erreichen Sie unter forum@infoautor.de