„Politik muss jünger werden“
Jessica Rosenthal (28) wurde im Januar zur Bundesvorsitzenden der Jusos gewählt – als Nachfolgerin von Kevin Kühnert. Im Interview mit dieser Zeitung setzt sie Kanzlerkandidat Olaf Scholz unter Druck.
Frau Rosenthal, steht die Ampel bis Weihnachten? Jessica Rosenthal: Ich hoffe das doch sehr, dass wir bis dahin eine Regierung haben. Das sind wir den Wählerinnen und Wählern schuldig. Deutschland braucht eine Fortschrittskoalition und ich hoffe, dass echter Fortschritt in diesem Bündnis drin ist. Das muss sich jetzt zeigen.
Die Jusos sind auf einen Schlag stärkste Kraft in der SPD-Bundestagsfraktion, was wollen Sie mit der Macht anfangen? Rosenthal: Mit den Jusos muss man rechnen. Wir werden jungen Menschen eine Stimme geben, wollen zeigen, dass Politik auch über die nächste Legislatur hinausdenken kann und dass Bewegungen wie Fridays for Future, Seebrücke und andere gehört werden. Wir wollen echten sozialen Fortschritt organisieren. Dass wir so stark im neuen Bundestag geworden sind, zeigt, wie sehr wir die Partei verändert haben aber auch, dass der Wunsch in der Gesellschaft da ist, dass Politik jünger, diverser und anders werden muss.
Muss der nächste Bundestagspräsident, den die SPD stellen kann, nicht eine Bundestagspräsidentin sein? Rosenthal: Die SPD muss aufhören, immer nur Männergesichter nach vorn zu stellen. Wir haben großartige Frauen – übrigens auch unter den JusoMdBs. Die SPD wird in den nächsten vier Jahren deutlich machen müssen, dass sie die Partei der Gleichstellung ist. Da müssen manche Männer einfach einen Schritt zurücktreten und Frauen den Vortritt lassen. Ich bin diese Männerklüngelgruppen wirklich leid. Das ist meine klare Erwartungshaltung an die Fraktionsund Parteiführung. Das macht sich am Ende dann nicht an einer Personalie fest, sondern ist ein Gesamtauftrag.
Haben Sie von Scholz die Zusage für eine Ausbildungsgarantie?
Rosenthal: Olaf Scholz weiß sehr genau, was uns als Jusos wichtig ist und ich bestehe darauf, dass diese Punkte sich auch im Koalitionsvertrag wiederfinden. Für mich ist jetzt aber nicht der Zeitpunkt, öffentlich rote Linien zu setzen, denn es geht gerade darum, eine Vertrauensbasis zwischen den Parteien aufzubauen.