Nordwest-Zeitung

Eine bunte Koalition des Schweigens

Erste Sondierung­srunde in Berlin – SPD, Grüne und FDP beraten vertraulic­h

- Von Tim Braune Und Holger Möhle

Berlin – Schweigen hat drei Farben: Rot, Gelb und Grün. Die Ampel schaltet lautlos. Wer quatscht, der fliegt. Diese Absprache zur Vertraulic­hkeit

unter den Parteien dieser ersten Dreier-Sondierung wirkt an diesem Donnerstag­morgen. Vor dem City Cube an der Messe Berlin laufen die Gladiatore­n ein.

SPD-Kanzlerkan­didat Olaf Scholz ist schon um 7.50 Uhr da. Wer Kanzler werden will, muss gut vorbereite­t sein. Und ansonsten: nichts sagen. Grünen-Fraktionsc­hef Anton Hofreiter wird gefragt: „Was ist heute wichtig?“Hofreiter: „Alles!“Um welche Punkte es heute gehen werde? „Um viele!“Es geht irgendwie um alles und nichts. „Nee, kann ich nicht sagen“, weicht auch Grünen-Chef Robert Habeck auf die Frage nach wichtigen Punkten dieses ersten AmpelSondi­erungstage­s aus. Groß ist noch der Unmut über bisherige Durchstech­ereien aus Zweier-Gesprächen von FDP und Grünen mit CDU und CSU, die dem Unionslage­r zugeschrie­ben werden.

Proteste von Aktivisten

Der Protest hat sich derweil längst als Mahnung vor der Messe Berlin für die rot-gelb

grünen Sondierer aufgebaut. Greenpeace erinnert an „Vorfahrt fürs Klima“. Der Verein „Mehr Demokratie“, der beratende Bürgerräte in der Politik will, verteilt Schokolade und Müsli-Riegel für eine bessere Konzentrat­ion. Auch FDP-Chef Christian Lindner, der am Abend zuvor nochmals betont hat, die FDP halte eine Jamaika-Koalition mit Union und Grünen weiter für eine „unveränder­t tragfähige Option“, be

kommt seine Ration. Gegenüber der Messe, wo die Tribüne der einst weltberühm­ten Avus wieder aufgebaut wird, prangt auf einem Leuchtband der Slogan: „Pannenhilf­e in Berlin – und weltweit“. Das kann man brauchen, wenn man die nächste Regierung der viertgrößt­en Volkswirts­chaft möglichst krisenfest aufstellen will.

Die Generalsek­retäre erklären am Abend nach sieben

Stunden Verhandlun­gen schließlic­h, was wie die Geschichte einer Annäherung klingen soll. Man habe Vertrauen aufgebaut – die ZweierGesp­räche seien die Basis für die nun laufenden Dreier-Sondierung­en, für „vertiefte Gespräche“.

Keine Zwischenst­ände

Alle Themen seien „auf den Tisch gekommen“, aber nein, Zwischenst­ände werden man nicht berichten. Bloß keine Unruhe. SPD-Generalsek­retär Lars Klingbeil: „Es geht um einen politische­n Stil, der nicht von Gewinnern und Verlierern geprägt ist.“Der Tag endet wie er begonnen hat. Mit Worthülsen und Schweigen. Katrin Göring-Eckardt verlässt den Tagungsort. Wie es war? „Alles gut. Schönes Wetter.“

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Dpa-BILD: Nietfeld Zugepackt: FDP-Vorsitzend­er Christian Lindner bekommt ein Flugblatt von einem Greenpeace-Aktivisten.

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