Nach 25 Alben die persönliche Mitte gefunden
Fischer-Z-Sänger John Watts über das neue Album „Til The Oceans Overflow” – Auf Tournee
Mehr als 40 Jahre ist es her, dass die britische Popgruppe Fischer-Z im Mai 1979 mit ihrem Album „Word Salad“und den Hitsingles „Pretty Paracetamol“und „The Worker“echte Klassiker der NewWave-Ära veröffentlichte. Ihr neuestes Werk „Til The Oceans Overflow”, angekündigt für diesen Freitag, soll an diese Ära anknüpfen. Das jedenfalls sagt Sänger und Gründer John Watts (67) im Gespräch.
John, welche Erinnerungen hast du an die glorreichen Achtziger? Waren es für dich uneingeschränkt glückliche Jahre?
Watts: Nein. Ich erinnere mich an eine Zeit, die quasi wie eine riesengroße Welle über mich hereinbrach. Alles ging unfassbar schnell, der Erfolg, die vielen Konzerte mit den strapaziösen Reisen, aber auch so einige künstlerische Zweifel. Ich war damals phasenweise total verwirrt, weil ich dem enormen Tempo der Veränderungen kaum gewachsen war. Heute bin ich älter und erfahrener, habe mittlerzerte
weile insgesamt 25 Alben veröffentlicht und meine persönliche und künstlerische Mitte gefunden.
Was verbindet dein neues Album „Til The Oceans Overflow” mit dieser Ära – und was unterscheidet sie von deinen früheren Produktionen? Watts: Es sind ganz ähnliche Themen wie auf der Scheibe „Red Skies Over Paradise“, die wir vor ziemlich genau 40 Jahren veröffentlicht haben. Auf beiden Alben wird das Schicksal dreier Menschen und ihrer Denkweisen reflektiert.
Es geht um Politik und Gesellschaft, um soziale Probleme, aber ebenso um Chancen und Perspektiven.
Auch die neue Scheibe spielt wieder in Berlin. Du scheinst eine ganz besondere Affinität zur deutschen Hauptstadt zu haben.
Watts: Für mich ist Berlin die aufregendste Stadt Europas. Keine andere Metropole hat mich so sehr inspiriert. In Berlin gibt es einen kulturellen Geist, den man nirgendwo anders findet. Die Stadt hat im vergangenen Jahrhundert
eine beispiellose Geschichte erlebt, mit vielen tapferen Menschen, die sich gegen verbrecherische Regime aufgelehnt haben. Sie sind aufgestanden und haben die Verhältnisse geändert. Diesen Geist spürt man bis heute in Berlin, wenn auch in etwas abgeschwächter Form.
Wie häufig warst du schon dort?
Watts: Oh, es müssen mittlerweile an die 100 Besuche gewesen sein. Ich komme mehrfach im Jahr nach Berlin und habe allein dort 60 bis 70 Kongegeben. Berlin ist neben Hamburg einer meiner wichtigsten Anlaufpunkte.
Deine neue Single „Same Boat“handelt von der medizinischen Ungleichheit bei der Behandlung von Covid 19. Machst du dir Sorgen um Menschenrechte? Watts: Und ob! Mit der Pandemie offenbaren sich für mich noch stärker als zuvor die Ungleichheit zwischen Arm und Reich, zwischen gebildeten und ungebildeten Menschen. Man spürt mehr denn je, dass nicht jeder in unserer Gesellschaft die gleichen Chancen hat. Alles wird extremer, und dabei bleiben viele Menschen auf der Strecke.
Wie sehr hast du die Coronabedingt abgesagten Konzerte vermisst?
Watts: Ich bin fast verrückt geworden, weil ich nicht auf die Bühne konnte. Umso mehr freue ich mich auf die Tour durch Deutschland, die vom 17. bis 29. Oktober stattfindet und auf der wir vor allem neue Songs und Stücke von „Red Skies Over Paradise“spielen werden.