Wird er der Kevin Kühnert der Grünen?
Timon Dzienus, aufgewachsen in Lemwerder, will an die Spitze der Grünen Jugend
Lemwerder/Hannover – Das Interesse an Politik wurde bereits im Kindesalter geweckt. „Was würdest Du tun, wenn du ein Tag König von Deutschland wärst?“, lautete die Frage für einem Schulaufsatz. „Das Kindergeld erhöhen“, lautete die Antwort. Mit 14 Jahren machte er schon Wahlkampf, an diesem Wochenende kandidiert er in Erfurt für den Bundesvorsitz der Grünen Jugend: Timon Dzienus, 25 Jahre alt, aufgewachsen in Lemwerder (Wesermarsch).
Dzienus hat sein Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Delmenhorst abgelegt, in Hannover Politikwissenschaften studiert und ist Mitarbeiter von Ex-Landwirtschaftsminister Christian Meyer. Den Vergleich mit Kevin Kühnert, dem langjährigen Chef der SPD-Nachwuchsorganisation Jusos, scheut er. Doch in der Öko-Partei kann Dzienus auf einen ähnlich rasanten Aufstieg zurückblicken: Landessprecher der Grünen Jugend und seit zwei Jahren Bundesschatzmeister. Gemeinsam mit der Kölner Studentin Sarah-Lee Heinrich (20) bewirbt er sich nun für das Amt des Bundessprechers. Einen Gegenkandidaten gibt es derzeit nicht. Die Grüne Jugend ist in den vergangenen Monaten auf eine Mitgliederzahl von knapp 18 000 hochgeschnellt.
Rede vor 800 Leuten
„Wir müssen uns mehr einbringen“, sagt Dzienus, der sich in seiner Rede vor den rund 800 Parteimitgliedern in Erfurt mit dem Klimawandel und der Regierungsbildung in Berlin befassen will. Eine Ampelkoalition mache nur Sinn, wenn wirklich die Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens eingehalten werden, sagt er. Dzienus ist gegen den Bau der
„Ich will hier rein“: Timon Dzienus (Grüne Jugend) am Haupteingang des Niedersächsischen Landtags
Küstenautobahn A 20. Freiheit bedeute nicht, mit Tempo 200 über die Autobahn zu rasen, sondern auch im ländlichen Raum ohne Auto mobil sein zu können.
Als Bundesvorsitzender der Grünen Jugend säße Dzienus bei Sitzungen aller wichtigen Parteigremien mit am Tisch.
Auch bei Koalitionsverhandlungen würde er in einer der Themengruppen, vermutlich zu den Bereichen Inneres und Asyl, mitarbeiten. Vor allem mit der FDP gäbe es reichlich Konfliktpotenzial – beispielsweise bei Thema Mieten. „Gerade in den Großstädten müssen wir in der Mietenpolitik dringend umsteuern“, sagt der Grünen-Politiker. Der Ruf „Bauen, bauen, bauen“reiche allein nicht aus.
„Gerechte Welt“
Selbst große Medien sind auf die Nachwuchs-Hoffnung der Grünen schon aufmerksam geworden. „Grüne Hardliner entscheiden am Ende, wer Deutschland regiert“, titelte die Bild-Zeitung. Und im Text heißt es, Dzienus wolle gar Abtreibungen bis kurz vor der Geburt erlauben. „Unsinn“, er habe nur darauf hingewiesen, dass Schwangerschaftsabbrüche nicht im Strafgesetzbuch geregelt werden sollten. Er sagt aber auch, in der jetzigen Phase der Gespräche mache man keine Zugeständnisse. Will er Berufspolitiker werden? Dzienus zuckt mit den Schultern. Das berufliche Ziel sei noch offen. „Aber ich werde mich immer für eine gerechte Welt einsetzen!“