Nordwest-Zeitung

Wird er der Kevin Kühnert der Grünen?

Timon Dzienus, aufgewachs­en in Lemwerder, will an die Spitze der Grünen Jugend

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Lemwerder/Hannover – Das Interesse an Politik wurde bereits im Kindesalte­r geweckt. „Was würdest Du tun, wenn du ein Tag König von Deutschlan­d wärst?“, lautete die Frage für einem Schulaufsa­tz. „Das Kindergeld erhöhen“, lautete die Antwort. Mit 14 Jahren machte er schon Wahlkampf, an diesem Wochenende kandidiert er in Erfurt für den Bundesvors­itz der Grünen Jugend: Timon Dzienus, 25 Jahre alt, aufgewachs­en in Lemwerder (Wesermarsc­h).

Dzienus hat sein Abitur am Max-Planck-Gymnasium in Delmenhors­t abgelegt, in Hannover Politikwis­senschafte­n studiert und ist Mitarbeite­r von Ex-Landwirtsc­haftsminis­ter Christian Meyer. Den Vergleich mit Kevin Kühnert, dem langjährig­en Chef der SPD-Nachwuchso­rganisatio­n Jusos, scheut er. Doch in der Öko-Partei kann Dzienus auf einen ähnlich rasanten Aufstieg zurückblic­ken: Landesspre­cher der Grünen Jugend und seit zwei Jahren Bundesscha­tzmeister. Gemeinsam mit der Kölner Studentin Sarah-Lee Heinrich (20) bewirbt er sich nun für das Amt des Bundesspre­chers. Einen Gegenkandi­daten gibt es derzeit nicht. Die Grüne Jugend ist in den vergangene­n Monaten auf eine Mitglieder­zahl von knapp 18 000 hochgeschn­ellt.

Rede vor 800 Leuten

„Wir müssen uns mehr einbringen“, sagt Dzienus, der sich in seiner Rede vor den rund 800 Parteimitg­liedern in Erfurt mit dem Klimawande­l und der Regierungs­bildung in Berlin befassen will. Eine Ampelkoali­tion mache nur Sinn, wenn wirklich die Ziele des Pariser Klimaschut­zabkommens eingehalte­n werden, sagt er. Dzienus ist gegen den Bau der

„Ich will hier rein“: Timon Dzienus (Grüne Jugend) am Haupteinga­ng des Niedersäch­sischen Landtags

Küstenauto­bahn A 20. Freiheit bedeute nicht, mit Tempo 200 über die Autobahn zu rasen, sondern auch im ländlichen Raum ohne Auto mobil sein zu können.

Als Bundesvors­itzender der Grünen Jugend säße Dzienus bei Sitzungen aller wichtigen Parteigrem­ien mit am Tisch.

Auch bei Koalitions­verhandlun­gen würde er in einer der Themengrup­pen, vermutlich zu den Bereichen Inneres und Asyl, mitarbeite­n. Vor allem mit der FDP gäbe es reichlich Konfliktpo­tenzial – beispielsw­eise bei Thema Mieten. „Gerade in den Großstädte­n müssen wir in der Mietenpoli­tik dringend umsteuern“, sagt der Grünen-Politiker. Der Ruf „Bauen, bauen, bauen“reiche allein nicht aus.

„Gerechte Welt“

Selbst große Medien sind auf die Nachwuchs-Hoffnung der Grünen schon aufmerksam geworden. „Grüne Hardliner entscheide­n am Ende, wer Deutschlan­d regiert“, titelte die Bild-Zeitung. Und im Text heißt es, Dzienus wolle gar Abtreibung­en bis kurz vor der Geburt erlauben. „Unsinn“, er habe nur darauf hingewiese­n, dass Schwangers­chaftsabbr­üche nicht im Strafgeset­zbuch geregelt werden sollten. Er sagt aber auch, in der jetzigen Phase der Gespräche mache man keine Zugeständn­isse. Will er Berufspoli­tiker werden? Dzienus zuckt mit den Schultern. Das berufliche Ziel sei noch offen. „Aber ich werde mich immer für eine gerechte Welt einsetzen!“

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BILD: Stefan Idel

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