Chancen für eine Frau sind blendend
Amt des Bundestagspräsidenten wird vergeben – Gedankenspiele für Grüne und SPD
Berlin – Ist der Fortschritt wieder ein Mann – oder endlich wieder eine Frau? Diese Fragen müssen die Koalitionäre in spe auch beantworten, wenn am kommenden Dienstag der Bundestag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt. Wie war das gleich noch mal? Als „Fortschrittskoalition“wollen SPD, Grüne und FDP das Land in den nächsten vier Jahren voranbringen.
Fortschritt könnte in diesem Fall vor allem bedeuten, dass nach vielen Jahren endlich wieder eine Frau als Präsidentin dem Plenum vorsteht. Nach Annemarie Renger (SPD) und Rita Süssmuth (CDU) wäre es in der Geschichte des Bundestages erst die dritte Frau an seiner Spitze – bei insgesamt elf Männern als Bundestagspräsidenten. Eröffnen wird diese erste Sitzung des neu gewählten Parlamentes aber definitiv noch ein Mann:
Alterspräsident Wolfgang Schäuble (CDU, 79 Jahre).
■ SPD
Doch dann könnte die Stunde der Frauen schlagen. Wer wird neuer Bundestagspräsident oder eben nächste Bundestagspräsidentin? Normalerweise gilt, dass die stärkste Fraktion des Bundestages auch den Präsidenten oder die Präsidentin stellt. Aber: Dass die SPD in diesen rot-gelb-grünen
Zeiten von Aufbruch und Erneuerung mit Bundeskanzler, Bundestagspräsident und Bundespräsident gleich drei Männer für höchste politische Ämter in Staat, Regierung und Parlament stellt, wäre vermutlich dann mindestens ein Mann zu viel.
Rolf Mützenich, einflussreicher SPD-Fraktionschef, wird für den Posten des Parlamentspräsidenten gehandelt. Aber erstens ist Mützenich ein Mann. Zweitens sagt der mögliche nächste Bundeskanzler, Olaf Scholz, dass er den Kölner just auf dem Posten des Fraktionschefs behalten möchte.
Die Entscheidung, wer nächste Bundestagspräsidentin oder nächster Bundestagspräsident wird, könnte sich bis ins Schloss Bellevue, Sitz des Bundespräsidenten, auswirken. Steht an der Spitze des Parlamentes weiter ein Mann, könnte es wiederum für Amtsinhaber Frank-Walter Steinmeier eng werden, wenn die Bundesversammlung am 13. Februar kommenden Jahres den Bundespräsidenten entweder bestätigt – oder eine(n) Neue(n) wählt.
■ Grüne
Auch bei den Grünen-Frauen hat das Stühlerücken für mögliche hohe Ämter schon begonnen. So fallen auch die Namen von Britta Haßelmann, Claudia Roth oder Katrin Göring-Eckardt für den Posten der Bundestagspräsidentin – eine Ampel-Rochade vorausgesetzt, denn eigentlich hat die SPD den Zugriff. Wenn in dieser Woche die erste Runde konkreter Koalitionsverhandlungen beginnt, könnte das Personaltableau zumindest informell schon bestückt sein. Wird der nächste Bundestagspräsident tatsächlich ein Mann, kämen wieder die Grünen ins Spiel, die womöglich auf eine weibliche Kandidatin aus ihren Reihen für das Amt der Bundespräsidentin dringen.
Und dann wäre die SPD gefragt: Ist sie bereit, Steinmeier für den Ampel-Frieden zu opfern?
■ Union
Wer will noch mal? Wer hat noch nicht? Das gilt auch für die gebeutelte Unionsfraktion. Dort werden die Namen von Hermann Gröhe, Michael Grosse-Brömer, Monika Grütters und Annette WidmannMauz für einen der Posten des Bundestags-Vizepräsidenten gehandelt.