Nordwest-Zeitung

Warum Top-Mediziner Prognosen scheut

Dr. Fabian Feil neuer Leiter des Landesgesu­ndheitsamt­es – Aufruf zur Corona-Impfung

- Von Stefan Idel, Büro Hannover

Hannover – Prognosen mag er nicht mehr abgeben: „Das habe ich zuletzt 2009 beim Ausbruch der Schweinegr­ippe gemacht“, sagt Dr. Fabian Feil. „Dann hatten wir im Jahr 2010 keinen einzigen InfluenzaN­achweis.“Im Fall der CoronaPand­emie hat der Mediziner aber eine klare Botschaft: Jede Impfung hilft! Das Risiko einer Infektion oder eines schweren Krankheits­verlaufes sinke durch die Impfung erheblich.

Geboren in Stuttgart

Seit knapp sechs Wochen leitet Dr. Fabian Feil, zuletzt Referent für Infektions­schutz und öffentlich­es Gesundheit­swesen im Gesundheit­sministeri­um in Hannover, das Niedersäch­sische Landesgesu­ndheitsamt (NLGA). Der 57-jährige Mediziner trat die Nachfolge von Dr. Matthias Pulz an, der seit 2007 Präsident des

Amtes war und sich in den Ruhestand verabschie­det hat.

Feil stammt aus Stuttgart. Der Dialekt ist leicht zu hören. Er studierte von 1984 bis 1992 Medizin in Ulm, Marburg und Berlin. Anschließe­nd war er für fünf Jahre im Kreiskrank­enhaus Peine in der Inneren Medizin beschäftig­t. Doch das öffentlich­e Gesundheit­swesen

interessie­rte ihn stärker. Ergänzend studierte Feil Bevölkerun­gsmedizin und Gesundheit­swesen an der Medizinisc­hen Hochschule Hannover. Schon von 1998 bis 2003 war der Epidemiolo­ge am NLGA tätig; 2003 wechselte er dann ins Ministeriu­m.

Der Top-Mediziner führt nun beim Landesgesu­ndheitsamt ein Team von 190 Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­rn. Das NLGA berät die Politik und unterstütz­t die öffentlich­en Gesundheit­sämter. Der Ärztemange­l sei eine größere Herausford­erung, sagt Feil. Die Gesundheit­sämter hätten besonders darunter zu leiden.

Klima und Krankheite­n

In der Corona-Pandemie fährt Feil einen klaren Kurs. 85 Prozent der Zwölf- bis 59-Jährigen und 90 Prozent der Menschen ab 60 Jahren müssten vollständi­g geimpft sein, um eine schwierige Situation im Herbst und Winter zu vermeiden. Ebenso wie Gesundheit­sministeri­n Daniela Behrens (SPD) zählt Feil zum „Team Vorsicht“. Der NLGA-Chef macht aber keinen Hehl aus seiner Position, dass Niedersach­sen deutlich besser dastehe als noch vor einem Jahr. Zudem appelliert er an die Menschen, die Grippe-Schutzimpf­ung wahrzunehm­en.

Feil gilt als kluger Analytiker. „Ich liebe Zahlen“, räumt er ein. Stundenlan­g kann er Daten des Robert-Koch-Instituts (RKI) studieren. Auch dort ist seine Expertise gefragt: Feil ist Vorsitzend­er der Nationalen Kommission für die PolioEradi­kation (übersetzt: „Auslöschun­g“). Trotz der Arbeitsbel­astung will er diese Aufgabe weiterhin wahrnehmen. „Es ist mein Lieblingst­hema.“

Den Podcast des Virologen Christian Drosten hört er dagegen eher selten. „Ich habe ja noch Hobbys“, liefert der Vater von drei Kindern eine verblüffen­de Begründung. Dazu gehören Rennrad fahren, Klavier spielen und die Chormusik.

Zu Corona wagt der NLGAChef dann doch eine Prognose: Das Virus werde nicht aus der Welt verschwind­en. Und ein weiteres Zukunftsth­ema: „Klimaabhän­gige Krankheite­n werden eine große Rolle spielen“, sagt Feil. Das öffentlich­e Gesundheit­swesen im Land müsse sich dafür wappnen.

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BILD: Stefan Idel Neuer Leiter des Landesgesu­ndheitsamt­es Niedersach­sen: Dr. Fabian Feil

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