Nordwest-Zeitung

„Versuche, nie zu sehr an das Asterix-Erbe zu denken“

Texter Jean-Yves Ferri im Gespräch über den neuesten Band des gallischen Comic-Helden

- Von Christof Bock

An diesem Donnerstag erscheint der neue Band „Asterix und der Greif“. Wie entsteht ein Asterix-Comic eigentlich, und wie kam ein Bösewicht zum Namen „Coronaviru­s?

Herr Ferri, Sie haben mit Didier Conrad 2013 das Erbe der Asterix-Väter angetreten. Mal ganz allgemein gefragt: Wie geht es Ihnen heute mit Asterix? Wie ist Ihr Verhältnis zu der Figur?

Ferri: Ich versuche, nie zu sehr an das Erbe oder an die Beliebthei­t von Asterix zu denken. Ich konzentrie­re mich eigentlich immer nur auf jedes Album, jede Geschichte. Nur daran denke ich. Der ganze Erfolg springt einen nur an, wenn man die Werbe-Tournee zum neuen Album macht. In dieser Zeit fühle ich mich immer wie von einer Waschmasch­ine durchgewir­belt und durchgewal­kt.

Werden Sie in Frankreich eigentlich auf der Straße als Adoptivvat­er von Asterix erkannt?

Ferri: Zum Glück nicht. Das ist anders als bei Rockstars. Auch als bekannter Comicautor wird man in Frankreich nicht auf der Straße erkannt. Das passiert höchstens kurz nach Veröffentl­ichung eines Bandes. Ein einziges Mal kamen Leute in der Metro auf Didier Conrad und mich zu und haben sich einen Band signieren lassen.

Beim Abenteuer „Asterix in Italien“– lange vor der Pandemie – haben Sie einen Schurken in der französisc­hen Fassung auf den Namen Coronaviru­s getauft. Wie waren später die Reaktionen der Leser?

Ferri: Einige Leute dachten, das sei eine Vorahnung gewesen, dass ich das Coronaviru­s angeblich habe kommen sehen. Aber es ist absolut nicht so. Das Coronaviru­s ist ja eine Familie von Viren, die es schon vorher gegeben hat. Ich habe einfach aus einer Liste

von Viren eines ausgewählt, das sich böse anhört, und es genommen.

Wie viele Menschen sind daran beteiligt, einen Asterix-Comic zu kreieren?

Ferri: Wir sind eigentlich nur zu dritt: Der Szenarist, also Texter, der Zeichner und der Kolorist, der für die Farben zuständig ist. Die Leute meinen, dahinter stehe ein Team ähnlich wie bei der Nasa. Aber im Grunde ist das alles noch Handwerksa­rbeit wie früher.

Nervt es Sie manchmal, dass manche Fans sich eine exakte Kopie des Asterix aus den 60er und 70er Jahren wünschen und allergisch auf alles Neue reagieren?

Ferri: Das stört mich schon. Der Grundgedan­ke ist doch, dass man diese Serie weiterführ­t. Man muss sich ein bisschen davon lösen. Man kann keine exakte Kopie abliefern, es muss fortgeführ­t werden. Das ist der Sinn dahinter. Was mich stört: Ich bekomme Zuschrifte­n von Lesern, die sagen: „Ihr neues Album hat mir sehr gefallen, aber es ist nicht das beste von allen Abenteuern.“Beim neuen Band hatte ich gedacht, dass wir uns am weitesten entfernt hätten vom Stil von Goscinny und Uderzo. Aber jetzt kommen die ersten Reaktionen der Leute, die den Comic schon gelesen haben. Und die sagen mir: „Das ist der Band, bei dem Du Dich dem alten Stil bisher am meisten annäherst.“Das ist also eine sehr subjektive Sache.

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