Vom „Haudrauf“zum Mann der Mitte
Hendrik Wüst greift nach dem höchsten Regierungsamt in Nordrhein-Westfalen: Als von CDU und FDP gewünschter Nachfolger von Ministerpräsident Armin Laschet steht der 46-Jährige kurz vor dem vorläufigen Zenit seiner Karriere. Angesichts seines relativ jungen Alters weist die schon bemerkenswerte Berg- und Talfahrten auf.
Negative Schlagzeilen
Sein größtes Handicap: Auch nach jahrelanger politischer Tätigkeit in NRW ist der Wirtschaftsliberale weitgehend unbekannt, wie eine Umfrage zeigte. Bis zur Landtagswahl im Mai hat der Mann aus dem Münsterland nur wenige Monate, um das zu ändern. Zumindest in seiner Heimat hat er unter Beweis gestellt, dass er überzeugen kann: In seinem Wahlkreis Borken wurde er seit 2005 bereits vier Mal direkt in den Düsseldorfer Landtag gewählt – damals als jüngster Landtagsabgeordneter der CDU.
Der passionierte Jäger und Krimi-Fan hatte sich in den Anfängen seiner Karriere als CDU-Generalsekretär (20062010) das Image eines „Haudraufs“erarbeitet. Mit seiner raubeinig-forschen Art polarisierte er auch in der eigenen Partei. Wüst provozierte damals Negativ-Schlagzeilen wegen seines allzu kaltschnäuzigen Umgangs mit Oppositionspolitikern. Aber auch, als er überhöhte Versicherungszuschüsse
vom Landtag zurückzahlen musste.
2010 trat er als Generalsekretär zurück. Damit übernahm er die Verantwortung für eine Affäre, die unter dem Titel „Rent-a-Rüttgers“bekannt geworden war. Seine wilden Jahre deutete Wüst beim jüngsten CDU-Landesparteitag an, der ihn mit über 98 Prozent Zustimmung zum Vorsitzenden wählte: „Viele haben mich groß werden, ja, auch straucheln sehen.“
Versöhnliche Töne
Heute präsentiert sich Wüst versöhnlich, geschmeidig, sachbezogen, als Politiker der Mitte. Seit Laschet ihn 2017 als Verkehrsminister in sein schwarz-gelbes Kabinett berief, ist Wüst in keine Fettnäpfchen getreten. Er gilt als bodenständig, gut vernetzt, aber auch als machtbewusst. Wüst hat bereits deutlich gemacht, dass er sich nicht als Übergangskandidaten sieht, sondern Kurs auf eine neue Regierung unter seiner Führung nach der Landtagswahl nimmt. Vor der NRW-CDU kündigte er an: „Ich will durchstarten!“